Donnerstag, 26. Mai 2011

Imagine Peace: Über die Vorstellungskraft von Frieden


Es ist sicherlich bezeichnend dass dieser Blog „Fotografie und Konflikt“ und nicht „Fotografie und Frieden“ heißt. Während meine Motivation dahinter ist, das Verhältnis von Fotografie und Krieg kritisch unter die Lupe zu nehmen, steht dahinter natürlich auch die Beobachtung, dass Fotografie und Frieden ein weniger sichtbares und offensichtliches Thema sind.

Was es mit dem Verhältnis von Frieden und Bildern auf sich hat, dieser Frage widmet sich das Forschungsprojekt „Imagine Peace“ des Instituts Design2context der Zürcher Hochschule der Künste unter der Leitung von Rüdi Bauer und Clemens Bellut. Das Projekt stellt die Hypothese auf, dass mit dem Fehlen von Friedensbildern in der Bilderflut vor der wir heute stehen, auch die Vorstellungskraft von Frieden abnimmt und damit ein Vakuum entsteht. Gefüllt wird dieses mit Bildern über Konflikte und Gewalt. Aus diesem Grund hat „Imagine Peace“ eine Datenbank über Friedensbilder angelegt und sammelt Essays zu diesem Thema.



Ein zentraler Punkt in diesen Überlegungen zur Darstellbarkeit von Frieden und Konflikt ist meiner Ansicht nach der strukturelle Nachteil dem Frieden unterliegt. Frieden ist eine prozesshafte Angelegenheit, die sich schwerer darstellen und konzeptionalisieren lässt. Dagegen produzieren Konflikte oft gewalthaltige Ereignisse die als solche eine hohe visuelle Attraktivität besitzen. Dieser strukturelle Nachteil ist nur durch besondere visuelle Anstrengungen und gute, kreative fotojournalistische Recherchearbeit zu überwinden.


Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eine Publikation, die sich dem Thema Bilder und Menschenrechte widmet. Als visuelles Lesebuch konzeptioniert, zeigt der von Lars Müller herausgegebene Band „Das Bild der Menschenrechte“ verschiedene Ansätze, wie die Vielschichtigkeit der Menschenrechte visualisiert werden kann.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Shoot in Berlin


Vom 4. – 19. Juni wird meine Arbeit „Shoot“, eine Künstlermappe und fiktive "Handreichung zur Produktion von Standardbildern aus Kriegs- und Krisengebieten am Beispiel des Nahostkonflikts", in der Ausstellung „Eine Art Aufruhr“ in Berlin zu sehen sein. Die Ausstellung ist in der Galerie am Lützowplatz zu sehen und wird am 4. Juni um 19 Uhr eröffnet. Organisiert wurde die Ausstellung von StipendiatInnen der Friedrich-Ebert-Stiftung und widmet sich dem Verhältnis von Kunst und Politik. Nähere Infos zur Ausstellung gibt es unter http://eineartaufruhr.wordpress.com/ .
 






Donnerstag, 19. Mai 2011

Miki Kratsman: All about us


Vom 6. März bis zum 17. April 2011 war in den Räumen der Ursula-Blickle-Stiftung in Kraichstal-Wörrisheim bei Karlsruhe die Ausstellung „All about us“ des israelischen Fotografen Miki Kratsman zu sehen. Die Ausstellung war kuratiert von Nicolaus Schaffhausen vom Witte de With Center for Contemporary Art in Den Haag und war die erste Einzelausstellung von Miki Kratsman in Deutschland. Bisher waren seine Arbeiten in verschiedenen Ausstellungen zum Thema Israel und Nahostkonflikt zu sehen, so unter anderem bei „Dateline:Israel“ im Jüdischen Museum in Berlin.


„All about us“ ist das aktuellste Foto-Projekt von Miki Kratsman und setzt sich mit den Beduinen in den sogenannten „Unrecognized Villages“ in der israelischen Negev-Wüste auseinander. Für einen Monat verlegte Kratsman seinen Lebensmittelpunkt in die Region. Herausgekommen sind Portraits der Bewohner des Dorfes Al-Araqib sowie Aufnahmen der dortigen urbanen Räume.

Die Ausstellungspräsentation in der Ursula-Blickle-Stiftung zeigte ein sparsame Hängung, in der die Portraits und Landschaftsaufnahmen in großformatigen Drucken mit weißem Rand rahmenlos präsentiert wurden. Damit konnte ihnen eine direkte und ungeteilte Aufmerksamkeit zu Teil werden. Jedoch war die Präsentation etwas zu „arty“ um es neudeutsch auszudrücken. Ausser einem kurzen Text am Eingang gab es keinerlei Informationen zu den Bildern. Damit wurden sie aus ihrem Entstehungskontext gerissen und waren für den Betrachter nicht zuordbar. Es hätte zumindest bei den Portraits der Angabe des Alters, des Namens und des Aufnahmeortes bedurft um die Personen einordnen zu können, wie es auch im Katalog geschehen ist. In der Ausstellung werden die Portraits so ihres dokumentarischen Charakters beraubt und haben als künstlerische Werke nur noch sich selbst als Referenzpunkt.

Eine weitere Frage, die sich stellt, ist ob trotz der gesellschaftskritischen Herangehensweise Kratsmans sich hinter den Bilder nicht ein klassischer orientalistischer Blick verbirgt. Natürlich ist es ihm zu verdanken, dieses wichtige Thema fotografisch-künstlerisch zu bearbeiten. Durch die Wahl der Mittel wie des Schwarz/Weiß als Medium nimmt er den Fotografierten jedoch jede Individualität und Identität. Sie werden zwar als würdevolle Einzelpersonen präsentiert, erscheinen jedoch eher in der Opferrolle. Somit zementiert sich hier – wahrscheinlich ungewollt – dass hierarchische Verhältnis zwischen der jüdischen Mehrheits-Bevölkerung in Israel und ihrer arabischen Minderheit. Trotz aller Ästhetik fallen auch die Landschaftsbilder in diese Kategorie, zeigen sie doch fast nur Ruinen.

Dass auch ein anderer Zugang zum Thema möglich ist, zeigt die Arbeit des israelischen Fotografen und Künstlers Tal Adler. In seinem Projekt „Unrecognized“ aus dem Jahr 2006 entwickelte er gemeinsam mit den Dorfbewohnern Bilder, die für einige dieser „Unrecognized Villages“ stehen. Dabei wird eine Vielschichtigkeit und Tiefe deutlich, die sich vor allem in der Vielfalt der Orte, der Porträtierten sowie der Verwendung von Farbbildern zeigt und damit sehr viel stärker einen würdevollen Blick zulässt.

Eine Ausführliche Diskussion des Projektes „All about us“ und des Kataloges ist zur Zeit in Arbeit und wird in Kürze hier zu sehen sein.


Samstag, 14. Mai 2011

Der Gaza-Krieg im Bild: Ein Hinweis in eigener Sache

Der als BICC Occasional-Paper im August 2010 erschienene Aufsatz „Der Gaza-Krieg im Bild“ analysiert die Bildberichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und der Süddeutschen Zeitung (SZ) über den Gaza-Krieg. Der Untersuchung liegt die Annahme zu Grunde, dass die Bildberichterstattung in Form fotojournalistischer Kriegsfotografie eine besondere Form der medialen Wirklichkeitskonstruktion darstellt, die mediumspezifische „Bilder“ konstruiert. Eingebettet ist diese Analyse in eine Beschreibung der Bedeutung der Fotografie für die Kriegs- und Krisenberichterstattung und die Herausarbeitung der Besonderheitdes Mediums Fotografie als Träger von Erinnerung. Des Weiteren wird der Produktionskontext geschildert, in dem die Bilder vor Ort entstanden sind, und diese Informationen zur Einordnung der Ergebnisse der qualitativen Untersuchung herangezogen.

Die Grundlage dieses Occasional Papers war meine Masterarbeit, die für den Studiengang „Master of Peace and Security Studies (M.P.S.) am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg (IFSH) während eines Forschungsaufenthaltes am BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) entstanden ist.
 
http://www.bicc.de/publications/papers.html

Eine kürzere Fassung des Papers erschien als Artikel unter dem Titel „Pressefotografie und Kriegsrealität - Der Gaza-Krieg in FAZ und SZ“ in der Ausgabe 3/2010 der Zeitschrift Wissenschaft und Frieden.


http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?artikelID=1643

Gaza: Das Buch der Zerstörung

Ende 2010 erschien im Göttinger Steidl Verlag das Foto-Buch „The book of Destruction: Gaza - One Year After the 2009 War “ des deutschen Fotografen Kai Wiedenhöfer. Es ist ein Abschluss seiner umfangreichen fotojournalistischen Arbeit über die Auswirkungen des Nahostkonflikts auf den Gazastreifen und nach den Veröffentlichungen „Perfect Peace“ 2002 und „Wall“ 2007 seine dritte Buchpublikation.
 


„The Book of Destruction“ macht es einem wahrlich nicht leicht: auf 145 Seiten gibt es auf den ersten Blick nichts als Zerstörung und menschliches Leid. Zu sehen sind die Folgen des letzten Gaza-Krieges um den Jahreswechsel 2008/2009 bzw. der von den Israel so genannten Militäroperation „Cast Lead“ (Gegossenes Blei). Kai Wiedenhöfer kann als einer der profundesten Kenner des Gazastreifens gelten, als der einzige deutsche Fotojournalist der sich schwerpunktmäßig mit dieser Region seit über 20 Jahren auseinandersetzt, von der ersten über die zweite Intifada bis in die Wirren der letzten Kriege hinein. Die Recherchen und die Arbeit zum „Book of destruction“ wurden durch einen Preis der französischen Foundation Carmignac ermöglicht und verschafften Kai Wiedenhöfer die Möglichkeit, von November 2009 bis März 2010 im Gazastreifen zu arbeiten.

Das Buch ist eine Mischung aus großformatigen, panoramaartigen Stadt- und Landschaftsbildern von Ruinen sowie Portraits während des Kriegs verletzter Palästinenser. Die Bilder der Ruinen sind sachlich distanziert, meist in sanftem Licht  aufgenommen. Im Buch ziehen sie sich als Querformate immer über eine Doppelseite. Ergänzt werden sie durch knappe Bildunterschriften, die kurz den Ort und die Geschehnisse beschreiben. So erfährt man zum Teil interessante Details, wie die Bedeutung blauer auf die Wände gesprühter Nummern, die von einer Katalogisierung der Kriegsschäden durch die UN stammen. Nur zufällig erscheinen auf den Bildern auch immer wieder Menschen, ohne dass diese jedoch im Vordergrund stehen würden.

Um so präsenter sind die menschlichen Schicksale in den Portraits die sich mit den Landschaftsbildern abwechseln. In natürlichem Licht aufgenommen stehen sich meist zwei Portraits gegenüber, ergänzt durch zum Teil umfangreiche Zeugnisse über das Schicksal der Abgebildeten. Zu sehen sind Frauen, Männer, Kinder und zum Teil Familienmitglieder, sitzend oder stehend, eingebettet meist in ihr häusliches Umfeld. So bekommt der Betrachter über die Person hinaus kleine Einblicke in die Lebensumstände der Porträtierten. Die Porträts sind ebenfalls sachlich und distanziert, in gedämpften Farben gehalten.

Was die Porträtierten eint, sind die immensen körperlichen Schäden die sie aus dem Krieg mitgenommen haben und die vom Verlust von Gliedmaßen bis hin zu schweren Verbrennungen reichen. Die Sachlichkeit in der die Bilder aufgenommen worden sind hat eine emotionalisierende Wirkung und schafft Empathie für diese Menschen. Es handelt sich hierbei um Anti-Kriegsfotografie im wahren Sinn des Wortes, ein Zeugnis über die unvorstellbaren Folgen von Krieg auf die Zivilbevölkerung. In der Masse sind diese Bilder jedoch überwältigend und man möchte immer wieder den Blick von ihnen abwenden.

In den Bildern wird die Bedeutung der Asymmetrie zeitgenössischer Kriege klar und die Auswirkungen, die diese für die Zivilbevölkerung haben. So hat die von Münkler beschriebene „asymmetrische Überlegenheit eines aus großer Höhe oder über große Distanz geführten Angriffs“ (Münkler 2006: 206) mit als solchen beschriebenen „chirurgischen Eingriffe“ und gezielten Luftschläge oft genau das zur Folge, was Wiedenhöfer in seinen Bilder der Folgen der israelischen Militärintervention zeigt: großes Leid auf Seiten der Zivilbevölkerung.

Und doch sind auch diese Bilder mit Vorsicht zu genießen. Wie alle fotografischen Zeugnisse können sie nur einen Ausschnitt aus der Realität zeigen: in diesem Fall der Opfer und Leidtragenden des Gaza-Krieges auf palästinensischer Seite. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Krieg gerechtfertigt war oder nicht: zivile Opfer gab es zu Hauff. Und die Zahlen der Vereinten Nationen oder israelischer Menschenrechtsorganisationen sprechen eine klare Sprache: um die 1.380 Palästinenser haben im Krieg ihr Leben gelassen, darunter mindestes 80% Zivilisten. Aber natürlich gibt es auch im Gazastreifen Kriegsgewinnler und die Hamas die den Krieg rücksichtslos und bewußt ins zivile Leben Israels trägt. Nur sind die Folgen dort um ein vielfaches geringer. Auch gibt es im Gazastreifen ein Alltagsleben abseits von Krieg und Gewalt, was jedoch nicht im Fokus der Arbeit von Wiedenhöfer steht.

Wahrscheinlich ist die fotografische Herangehensweise Wiedenhöfers zu langsam und zu unspektakulär für die massenmediale Berichterstattung. Auch wenn zu Wünschen wäre, dass mehr dieser eher leisen und tiefgründigen Arbeiten in den Medien zu sehen wären. Christian Caujolle schreibt dazu im Vorwort zu „The book of destruction“: „Beyond the undeniable precision and the visual impact of a form of modesty portrayed through distance and refusal of sensationalism, these aesthetic voices, which clearly demonstrate the movement towards a photography stripped of delusions which the press, with the active complicity of reporters, deligthed in, also convey something more intimate and perhaps more profound“ (Caujolle 2010: 9).

Vieles bleibt zu hoffen, sowohl für die politische Situation der Menschen im Gazastreifen und in Israel als auch für die fotografische Arbeit Wiedenhöfers. So wäre es schade wenn die sensible und empathische Arbeit für plumpe anti-israelische Stimmungsmache genutzt werden würde. Des Weiteren ist zu hoffen, dass die Arbeit als das publiziert und gezeigt wird was sie ist: ein hervorragendes Beispiel konzeptionell-dokumentarischer Fotografie und nicht in einem Kunstkontext vermarktet wird, wofür die Themen zu Ernst sind und die Arbeit zu schade ist.


Slideshows und Videos:





Weitere Artikel zu Buch und Ausstellung:



Quellen

  • B´Tselem: http://www.btselem.org/english/Gaza_Strip/Castlead_Operation.asp
  • Caujolle, Christian (2010): 20 Years; In: Wiedenhöfer, Kai: The book of destruction: Gaza – One year after the 2009 War; Göttingen: Steidl.
  • Münkler, Herfried (2006): Der Wandel des Krieges – Von der Symmetrie zur Asymmetrie, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.

Montag, 9. Mai 2011

Wissen Teilen: Fotografie, Konflikt und Social Bookmarking


Neben diesem Blog entsteht im Rahmen meiner Recherchen eine umfangreiche Linksammlung bei Mister-Wong. Ziel ist es, die Ergebnisse im Form des Social Bookmarking öffentlich zugänglich zu machen und interessante Links zum Thema Fotografie und Konflikt auszutauschen.

Im Moment bekommt man alle Informationen nur wenn man sich selbst ein Konto bei Mister Wong anlegt und einloggt. Ich arbeite daran die Informationen allen zugänglich zu machen.

Fotografie und Konflikt ist Online


Es ist geschafft! Nach Monaten des Überlegens, Planens, Nachdenkens und Konzeptionalisierens – was dem Medium und Blog und Internet eigentlich schon völlig entgegen läuft – ist mein Blog „Fotografie und Konflikt“ endlich online. Ich sehe diesen Blog als Teil meiner Recherchetätigkeit im Rahmen meiner Promotion über die fotojournalistische Produktion im Nahostkonflikt. Während meiner Recherchen ist mir immer wieder aufgefallen, wie schade es ist, Gedanken die sich entwickeln, Projekte und Websites auf die ich stoße, sowie konkrete Ideen nicht mit anderen Teilen und zur Diskussion stellen zu können. Darüber hinaus freue ich mich selbst immer wieder, wenn ich auf gut gemachte Blogs und Linksammlungen stoße, da dies die eigene Arbeit immens erleichtert und bereichert. In diesem Sinne wünsche ich eine interessante Lektüre und spannende Auseinandersetzungen.