Montag, 17. Februar 2014

Through a lens darkly


Letzte Woche wurde auf dem internationalen Kinofestival „Berlinale“ in Berlin der Dokumentarfilm „Through a lens darkly: Black photographers and the emergence of people“ als Deutschlandpremiere gezeigt. Der vom amerikanischen Fotografen und Aktivisten Thomas Allen Harris realisierte Film erforscht die Rolle der Fotografie für die afro-amerikanische Community in den USA von der Zeit der Sklaverei bis in die Gegenwart. Inspiriert ist der Film von der Publikation „Reflections in Black: History of Black Photographers – 1840 to Present“ der amerikanischen Hochschullehrerin Deborah Willis.


Der Film zeigt auf beeindruckende Art und Weise, wie die Fotografie für die afro-amerikanische Communtiy in einem Spannungsfeld steht zwischen Selbstbestätigung und Negation. Harris verwebt autobiografische Elemente mit Fotografien aus privaten Fotoalben und der Presse sowie Interviews mit Fotografen, Wissenschaftlern und Künstlern zu einer spannenden Dokumentation. Dabei ist der Film getragen von einem Glauben an die Möglichkeiten der Fotografie, als Medium des sozialen Wandels genutzt zu werden und für Menschlichkeit einzustehen. Der Film legt den Finger in die Schwachstellen des dominanten us-amerikanischen Narrativs, in dem das Bild der afro-amerikanischen Community bis heute geprägt ist von rassistischen Stereotypen. Afro-amerikanische Fotografen kommen darin kaum vor. Der Film zeigt auf beeindruckende Art und Weise auf, wie sich nach der Sklaverei die Community das Medium der Fotografie angeeignet hat um sich selbst als vollwertige Bürger vor der Kamera zu porträtieren.

Die filmische Erzählung lebt von der Interaktion zwischen fotografischen Stills aus privaten Fotoalben sowie professioneller Fotografen und Interviewauszügen.  Es kommt eine Vielzahl afro-amerikanischer Künstler, Fotografen und Wissenschaftler zu Wort, darunter Renee Cox, Roy de Cavara Coco Fusco, Chester Higgins, Chuck Stewart, Robin Kelly, Richard Powell, Carrie Mae Weems und Deborah Willis. In seiner unglaublichen Informationsquelle ist „Through a lens darkly“ ein guter Startpunkt um sich mit der Geschichte afro-amerikanischer Fotografie in den USA zu beschäftigen und stellt gleichzeitig einen immensen Fundus für weitere Recherchen zum Thema dar.

Der Film ist in ein umfangreiches Multimediaprojekt eingebunden. Dessen wichtigstes Element ist die „Digital Diaspora Family Reunion Roadshow“. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein Format welches das Screening des Films USA-weit mit Bildungsangeboten und Workshops verbindet und sich vor allem an die afro-amerikanische Community selbst richtet. So werden Besucher aufgefordert, selbst in den Fotoalben ihrer Familien nach Zeugnissen der Geschichte zu suchen. Mit dem Hashtag #1World1Family können Bilder auf der Fotoplattform Flickr hochgeladen werden, um so ein Archiv der Geschichte von Familienbilder schwarzer Amerikaner zu erstellen.

Der Regisseur Thomas Allen Harris (Jahrgang 1962) wuchs in New York und Tansania auf und arbeitet als Dokumentarfilmer und Künstler. Er gründete die Filmproduktion „Chimpanzee Productions“, die auch für seinen aktuellen Film verantwortlich zeichnet. Im Jahr 2001 war sein auf Super8 gedrehter Kurzfilm „È Minha Cara/That’s my face“ im Programmbereich Forum auf der Berlinale zu sehen.


Literaturhinweise:
  • Deborah Willis (2002): Reflections in Black: History of Black Photographers – 1840 to Present, W.W. Norton, New York.
  • Roy de Cavara (1955): The Sweet Flypaper of Life, Simon and Schuster, New York.


Internetquellen:

Chimpanzee Productions


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