Mittwoch, 15. April 2015

Den Krieg im Blick


Vergangene Woche eröffnete im Essener Folkwang Museum die Ausstellung „Conflict, Time, Photography“. Kaum ein Feuilleton, dass in den vergangenen Tage die Schau nicht rezensiert hätte. Selbst die Tagesschau der ARD brachte am vergangenen Donnerstag zur Prime-Time einen kurzen Einblick in die Ausstellung. Konzipiert wurde die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Tate Modern in London und der Staatlichen Kunstsammlung in Dresden und ist in Essen noch bis zum 5. Juli zu sehen.



Beeindruckend ist die Schau zunächst ein Mal aufgrund der Zahlen. In 13 Räumen sind 125 fotografische Arbeiten zum Thema Krieg und Konflikt zu sehen. Dabei nimmt die Ausstellung für sich in Anspruch, nicht die Geschichte der Kriegsfotografie erzählen zu wollen, sondern eine neue und unkonventionelle Perspektive auf die Bildgeschichte des Krieges zu eröffnen. Das Ordnungsprinzip der Ausstellung ist der Zeitpunkt der Rückschau, der Moment, an dem die fotografische Arbeit entstand, vom Moment danach bis zu Jahrzehnten später.

Versammelt sind in Essen Werke der bekanntesten zeitgenössischen Fotografen, von Don Mc Cullin über Luc Delahaye bis hin zu Stephen Shore, aber auch Frühwerke der Kriegsfotografie beispielsweise von Roger Fenton. Im Vordergrund steht die Auseinandersetzung mit den Kriegsfolgen, den Spuren von Gewalt und Zerstörung auf die Landschaft und die Architektur. Es sind eher dokumentarische als fotojournalistische Arbeiten, eher künstlerische als erzählerische Arbeiten zu sehen. Die Augenzeugenschaft vor allem journalistischer Kriegsfotografie, ist weitestgehend abwesend. Stattdessen wird der Moment danach inszeniert, wie in den großformatigen Arbeiten von Luc Delahaye während der Zeit der westlichen Interventionen in Irak oder Afghanistan im Krieg gegen den Terror.

Über allem schwebt das kuratorische Konzept, der Blick auf den Krieg aus unterschiedlicher zeitlicher Distanz. Den Arbeiten selbst sieht man nicht an, in welchem Abstand zum Ereignis sie aufgenommen wurden, was beispielsweise am  Grad der Reflexion sichtbar werden könnte. Was sich ändert sind natürlich die dargestellten Gegenstände, weil die Ruinen der alliierten Flächenbombardements natürlich nur Wochen und Monate später, nicht jedoch Jahrzehnte später zu finden sind. So macht sich die Fotografie dann auf die Suche nach anderen Spuren, den Spuren von NS-Bauten oder Denkmälern.

Natürlich gibt es auch in dieser Ausstellung Höhepunkte. Erschreckend ist das Bild von Eiichi der eingebrannten Silhouette eines Wachsoldaten an der Wand nach dem Atombombenabwurf in Hiroshima. Verstörend ist das Bild „Patio Civil“ von Luc Delahaye. Er fotografierte ein Massengrab aus dem Bürgerkrieg in Spanien, das aufgrund der Zweidimensionalität und der Übergröße an klassische Gemälde erinnert. Toll ist die Intervention im öffentlichen Raum von Emeric Lhuisset im Nordirak als Hommage an den getöteten kurdischen Schriftsteller Sardasht Osman. Er hängte nicht fixierte SW-Abzüge von Osman in die Straßen die innerhalb von wenigen Stunden schwarz wurden und damit zu einer Anklage mutierten.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte der deutsche Fotograf Christoph Bangert sein vieldiskutiertes Buch „War Porn“. Seine Kritik ist, dass Redaktionen zu wenig das Leid und die Gewalt im Krieg zeigen. Ähnliches gilt für die Essener Schau. Was der Betrachter hier zu sehen bekommt, ist zu weiten Teilen der distanzierte Blick auf den Krieg, ein cleaner, künstlerischer und irgendwie auch künstlicher Blick auf Gewalt und Zerstörung. Zumindest die Chance auf radikale Nachdenklichkeit, wie es das Museum Folkwang für sich in Anspruch nimmt, wird damit vertan.

Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Juli zu sehen. Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 - 18 Uhr geöffnet, Donnerstag und Freitag bis 20 Uhr.

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