Mittwoch, 2. Juli 2014

Berliner Bildwelten


Im Juni zeigte sich wieder einmal warum sich Berlin mittlerweile zur heimlichen Fotografiehauptstadt Deutschlands, wenn nicht gar Europas gemauschelt hat. Drei hervorragende Ausstellungen sind bzw. waren bis vor kurzem zu sehen, die sowohl durch die Verschiedenheit ihrer fotografischen Ansätze als auch die Vielfalt der Ausstellungsorte bestechen, an denen sie zu sehen sind. Darunter sind die Ausstellung von Zanehe Muholi im Schwulen Museum, von Herlinde Koelbl im Deutschen Historischen Museum und von Hans-Christian Schink in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung. Im Folgenden ein kleiner Streifzug durch Berlin und die Werke der Fotografen.

Unscheinbar in einem Ladenlokal in der feinen Auguststrasse in Berlin Mitte liegen die Räume der privaten Alfred-Ehrhardt-Stiftung. Gegründet um den Nachlass des Naturfotografen Alfred-Ehrhardt zu verwalten zeigt die Stiftung neben Ausstellungen aus dem Nachlass ein hervorragend kuratiertes Programm zur fotografischen Auseinandersetzung mit der Natur. Bis Ende Juni war dort die Ausstellung Tohoku von Hans-Christian Schink zu sehen. Schink setzt sich darin mit der zerstörten Küstenlandschaft Japans nach dem Tsunami auseinander. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Forum für Fotografie in Köln und war zur gleichen Zeit dort zu sehen. Im linken Teil der Galerie sind drei quadratische Prints Schinks zu sehen, welche die winterliche, teils verschneite Küstenlandschaft zeigen. Poetisch und zurückhaltend zeigt sich hier die große Kraft von Schinks Naturfotografien. Im zweiten Raum der Galerie reihen sich Aufnahmen zerstörter Gebäude aneinander. Stark sind diese, wenn sie einen Schritt zurücktreten und die Gebäudereste in der Landschaft zeigen. Dann wird deutlich, mit welch unglaublicher Kraft der Tsunami ganze Häuser versetzt und Küstenareale leergefegt hat.


Bisher weniger als Zentrum für Fotografie in Erscheinung getreten ist das Deutsche-Historische Museum, zentral an der Prachtstrasse Unter den Linden gelegen. Noch bis zum Oktober ist dort die Ausstellung „Targets“ der deutschen Fotografin Herlinde Koelbl zu sehen. Die Arbeiten werden in den tollen Ausstellungsräumen des Museumsneubaus gezeigt. Mit „Targets“ widmet sich Koelbl, die sich einen Namen vor allem durch ihre fotografischen Portraits gemacht hat, Truppenübungsplätzen und Schießständen auf der ganzen Welt. Fast 30 Länder auf verschiedenen Kontinenten hat sie bereist. Im 1. Stock sind vor allem großformatige Bilder von Schießständen zu sehen, im 2. Stock finden sich Bilder von militärischen Trainingsgeländen. Kombiniert werden diese Bilder mit Porträts von Soldaten und Zitaten aus Interviews, die die Fotografin mit Soldaten führte. Weniger die fotografische Qualität der Bilder – es zeigt sich dass Koelbl weniger Erfahrung mit Landschaft als mit Studio- und Porträtfotografie hat – als das Konzept überzeugen. Dem militärischen Training und deren Parallelen über die Grenzen hinweg auf die Spur zu kommen ist ein interessanter Ansatz. Erschreckend ist zu sehen, wie sich an der Anlage der Übungsorte die Feindbilder der Epoche erkennen lassen, wenn z.B. us-amerikanische und israelische Retortenstädte von Minaretten überragt werden. Am schwächsten sind die Porträts, bei denen man sich fragt, was die Intention dabei ist einzelne Gesichter mit einer Nationalität zu konnotieren.

Eine weitere herausragende Fotoausstellung war bis Ende Juni im Schwulen Museum zu sehen, das sich in der Nähe des Tiergartens in der Lützowstrasse befindet. Das Museum widmete der südafrikanischen Fotografin Zanele Muholi eine umfangreiche Einzelausstellung. Die Ausstellung zeigt Muholis fotografische Auseinandersetzung seit den 1990er Jahren mit der ‚schwarzen‘ queeren, v.a. lesbischen Community in Südafrika und anderen afrikanischen Ländern. Zu sehen sind Porträts aus verschiedenen Schaffensphasen. Darüber hinaus sind zwei Video-Arbeiten zu sehen. Herausragend ist vor allem die in Farbe fotografierte Arbeit „Beeing series“ (2007) in denen Muholi den Alltag lesbischer Beziehungen zeigt. Toll ist, dass in den Porträts, die auch Nacktaufnahmen einschließen, der voyeuristische Blick, sexistische Blick der aus weiblichen Aktfotografien nur zur Genüge bekannt ist, völlig abwesend ist. Die Ausstellung ist in Kooperation mit Amnesty International entstanden und zeigt damit die politische Bedeutung von Muholis Fotografie für den Kampf der LGBT Community für Menschenrechte in Afrika. An den Arbeiten wird deutlich, wie die Fotografie den Rahmen heteronormativer Geschlechterordnungen sprengen und in neue Formen visueller Repräsentation übertragen kann


Links zu den Institutionen und Ausstellungen:



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