Ende Dezember ging im Haus der Kulturen der Welt in Berlin
die sehr interessante und vielseitige Ausstellung „Über Grenzen“ der Berliner
Fotografen-Agentur Ostkreuz zu Ende. Dort waren insgesamt 18 sehr
unterschiedliche thematische und fotografische Herangehensweisen an das Thema
zu sehen. „In
ihrer neuen Gemeinschaftsausstellung erzählen die 18 Fotografen der Agentur
OSTKREUZ Geschichten über Grenzen. Sie erforschen sichtbare und unsichtbare,
territoriale, gesellschaftliche und ethische Grenzen“ hieß es in der
Pressemitteilung zur Ausstellung. Die Spannweite der Arbeiten reichte von
Reportagen aus Ländern des Südens, über Selbstportraits bis hin zur
Auseinandersetzung mit der Deutsch-Deutschen Vergangenheit.
Interessant war die Ausstellung vor allem ausgehend von der
Perspektive aktueller journalistischer Bildsprachen. So war es auffällig, dass
einige Arbeiten die Grenzen der bildjournalistischen Darstellung hin zu
Corporate-, Werbe- und Modefotografie ausloteten bzw. durchaus auch überschritten.
So mutete die großformatige angelegte Arbeit von Frank Schinski über den
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wie einem Corporate Magazin eines
börsennotierten Konzerns entnommen. Die inhaltlich gut recherchierte und sehr
spannende Arbeit „Terminal“ von Tobias Kruse stellte in ihrer Wandhängung das
Bild einer halbnackten für die Kamera posierenden jungen Frau in den
Vordergrund. Dieses Bild ist ästhetisch zwischen zeitgenössischer
Modefotografie und Arbeiten von Larry Clark zu verorten. Bei dieser Optik ist
es nicht verwunderlich, dass das Zeit-Magazin die Strecke druckte. Es bleibt
jedoch ein komischer Beigeschmack bei der Zurschaustellung der fragilen Weiblichkeit
im Bild der jungen Frau. Über die Bild-Inszenierung der Serie "Mission
and Task" von Julian Röder erfährt der Betrachter nicht durch den erklärenden
Bild-Text, sondern in einem Kommentar während einer öffentlichen Führung. Röder
komponierte die Bilder der FRONTEXT Grenzschützer vor Ort und nutze die Hilfe
eines Assistenten und eines Blitzgeräts zur Generierung der gewünschten
Bildwirkung. Fragt sich, wie es um die Glaubwürdigkeit vermeintlich
journalistischer Fotografie bestellt ist, wenn die Fotografen inszenatorisches
Arbeiten nicht kenntlich machen. Darüber hinaus bleibt die Frage, warum es
nötig ist, dieses Thema zu inszenieren. Andere Arbeiten zum Thema FRONTEX
zeigen dass dies auch anders möglich ist.
Die hier angesprochen Arbeiten aus der Ausstellung weisen
somit darauf hin, wie innerhalb der deutschen – sich politisch generierenden –
Dokumentarfotografie die Grenzen zwischen Inszenierung und Dokumentation sowie
werblicher und journalistischer Bildsprache verschwimmen. Angesichts der Strukturen
des Bildermarktes und dem Zwang für viele Fotografen, sowohl klassische
PR-Fotografie als auch journalistische Aufträge zu übernehmen ist dies nicht
verwunderlich. Dazu kommen die Tendenzen Werbe- und Mode-Fotografie
„reportagig“ zu gestalten. Dass dies irgendwann zu einem Boomerang-Effekt führt
und Dokumentarfotografie werblich wird, ist dabei ein fast zwangsläufiger
Nebeneffekt. Es ist jedoch zu fragen, ob es auf Dauer der Glaubwürdigkeit des
journalistischen Bildmediums nicht mehr Schaden zufügen wird.
Der Katalog zur Ausstellung ist bei Hatje Cantz erschienen.
Die Bildstrecken sind auch auf der Homepage der Agentur einsehbar
http://www.ostkreuz.de/feature/