Mittwoch, 12. Oktober 2016

Eine neue Art der Kriegsfotografie


Der deutsche Fotograf Christoph Bangert fotografierte in Krisenländern wie Afghanistan, Pakistan und dem Irak. 2014 hat er mit seinem Fotoband "War Porn" für Aufsehen gesorgt. Darin zeigte der deutsche Fotograf Bilder, die den meisten Redaktionen zu drastisch waren, um sie zu veröffentlichen. Jetzt hat Bangert im Frühsommer mit einem zweiten Fotobuch nachgelegt.

Die Badische Zeitung schreibt folgendes über das neue Buch:

"Der Kölner Fotograf Christoph Bangert liebt abstruse Bilder. Bangert, der als Kriegsreporter im Auftrag der New York Times, des Stern und der Neuen Zürcher Zeitung in den Spannungsgebieten des nahen Ostens, im Irak oder in Afghanistan unterwegs war, fand an den Schauplätzen der Gewalt auch allerlei Kurioses."


Bei Spiegel Online wird der Band folgendermaßen kommentiert:

"Es gibt keine guten Seiten von Krieg, erst recht keine lustigen. Keine Pointe. Doch so einfach lässt sich das Narrativ nicht in Gut und Böse teilen, nicht in Täter und Opfer, und auch nicht in Leid und Glück. Trotz des Horrors gehören auch absurde Momente zur Realität der Soldaten im Irak und in Afghanistan"


In einem Text der Deutschen Presse-Agentur der in verschiedenen Tageszeitungen wie die Welt oder Augsburger Allgemeine veröffentlicht wurde heißt es:

"Mit seinen Bildern ruft er sich auch selbst vergessene Momente zurück in Erinnerung. Und sorgt dafür, dass sie auch von anderen erinnert werden. Sein Wunsch: Die Bilder irgendwann im Irak auszustellen, eine Party zu feiern, wenn dort das normale Leben wieder Überhand gewinnt. «Denn nirgendwo ist immer Krieg.»"


Über das Betrachten von Bangerts Bildern im Fotobuch sagt Sigrid Fischer in Corso beim Deutschlandfunk:

"hello camel" ist ein Ergebnis dieses Abenteuertrips von Christoph Bangert, so heißt sein neuer Fotoband, im Kehrer Verlag erschienen, sehr schön gestaltetes Buch mit tollem Einband. Und, ja, die Fotos dort zu sehen ist noch mal ein ganz anderer Effekt als sie im Internet zu sehen, da hat man natürlich auch Fotos, auf Ihrer Seite, aber das kann man nicht vergleichen."



Auf die Frage von Hendrik Haßel in einem Interview mit der Wochenzeitung "Freitag" wie er zum Begriff des Kriegsfotografen stehe, antwortete Christoph Bangert:

"Wenn man von Kriegsfotografen spricht, wird es sehr schnell emotional. Man wird dann zum Helden gemacht, der die Welt rettet und Kriege beendet. Das finde ich völlig überzogen."


Ein weiteres aufschlußreiches Interview mit Christoph Bangert führte Gesa Ufer für Deutschlandradio Kultur.


Ausstellung zu "Hello Camel"

Parallel zum Erscheinen des Buches war im Juni diesen Jahres zum ersten Mal auch eine Ausstellung mit Bangerts Bildern in der Freelens Galerie Hamburg zu sehen. Im September/Oktober war die Ausstellung in Bangerts Heimatstadt Köln zu Gast, ab Mitte Oktober ist sie im Kunstmuseum Singen zu sehen. Weitere Ausstellungstermine finden sich auf der Homepage von Christoph Bangert.


Das Hamburger Abendblatt führte folgendermaßen in die Ausstellung ein:

"Krieg ist schmutzig, blutig, bedeutet unvorstellbares Leid. Zuletzt erregte der Fotojournalist Christoph Bangert Aufsehen mit seiner Fotoserie "War Porn" (Kriegsporno), in der Gewalt, Tod und Zerstörung sehr präsent waren. In der Galerie Freelens ist nun eine andere, distanziertere Art seiner Kriegsfotografie zu sehen."


Der NDR hob in seiner Rezension eher auf das Umfeld der Präsentation und die Stimmung während der Vernissage ab und stellte dies in Zusammenhang mit dem Ausstellungsthema:

"Er will den Krieg so zeigen, wie wir ihn nicht zu sehen kriegen. Das absurdeste Bild des Abends war dann doch die Szenerie selbst. Menschen, die sich bei einem Glas Wein und angeregten Gesprächen Bilder von Menschen anschauen, die mit dem Krieg weiterleben. Auch das zählt zur Realität des Krieges, dass wir das Glück haben, ihn aus der Ferne zu betrachten, statt selbst zu erleben."


Eine ausführliche Bildergalerie zu "Hello Camel" hat der WDR veröffentlicht. Dort lässt sich gut ein Eindruck von Bangerts Fotografie erhalten. Erschienen ist das Buch wie bereits der Vorgänger "War Porn" im Kehrer Verlag (ISBN: 978-3-86828-683-0, 39,90 Euro). Bei Interesse ist das Buch auch direkt bei Christoph Bangert zu beziehen.

Dienstag, 4. Oktober 2016

Ein Rückblick auf WarOnWall


Dieser Tage geht die Ausstellung WarOnWall auf der Berliner East Side Gallery zu Ende, einem der letzten erhaltenen Teilstücke der Berliner Mauer. Damit hat der Berliner Fotograf Kai Wiedenhöfer nach seinem Projekt "WallOnWall" erneut in beeindruckender Weise den öffentlicher Raum der Hauptstadt mit dokumentarischer Fotografie bespielt und dem Syrienkrieg ein visuelles Denkmal gesetzt. Das Projekt bekam in den vergangenen Monaten ein relativ breites Medienecho, auf das an dieser Stell der Blick gelenkt werden soll.



Meine Rezension der Ausstellung im Neuen Deutschland startet mit den Worten: 

"Es ist schon beeindruckend: auf 360 Metern hat der Berliner Dokumentarfotograf Kai Wiedenhöfer das zur Spree weisende Reststück der Berliner Mauer an der East Side Gallery in Friedrichshain mit Bildern aus dem Syrienkrieg bestückt."

Über die Zielsetzung der Ausstellung und Kai Wiedenhöfers Motivation schrieb ich auf Qantara.de:

"Kai Wiedenhöfer will die Medienkonsumenten mit einem anderen Bild aus Syrien konfrontieren, wie sie es aus der alltäglichen Berichterstattung nicht gewohnt sind und ihre klassischen Sehgewohnheiten herausfordern"

In der Süddeutschen Zeitung schreibt Hannah Beitz über den Ort der Ausstellung:

"Eine verstörende Wirkung haben diese Bilder gerade an diesem Ort im Berliner Ausgehviertel Friedrichshain, den Touristen für leicht verdauliche Portionen deutscher Geschichte gepaart mit friedlicher Kiffer-Idylle an der Spree besuchen."

Sabine Vogel schrieb in der Berliner Zeitung über die Wirkung von Wiedenhöfers Bildern:

"Sie sind ein Appell: Denn Krieg, Geschichte, Politik sind keine Naturkatastrophen oder göttliche Strafen, alles ist menschengemacht kann durch politische Maßnahmen geändert werden".

Auf Al Jazeera Online beschäftigt sich Gouri Sharma mit der Beziehung der Ausstellung zur Geschichte Berlins:

"The images are not dissimilar to what Berlin would have looked like after World War II - a link Wiedenhofer mentions - and could help put the conflict in context for a European audience."

Im Teckbote, der Zeitungs aus Wiedenhöfers Heimatregion schreibt Katja Eisenhardt:

"Es geschehen Dinge, mit denen wir umgehen müssen. Wir leben in keiner Isolation“, sagt der Fotograf. Auch er persönlich habe durch die unmittelbare Konfrontation gelernt, wieder das mehr zu schätzen, was man eigentlich hat – sei es materiell oder die Freiheit selbst."


Ein spannender Videobeitrag der gut die visuellen Eindrücke eines Besuchs Open-Air Ausstellung wiedergibt stammt von Christina-Maria Küfner (DW). Und einen schönen Audiobeitrag zum Besuch an der Westsidegallery gibt es beim Inforadio des RBB.
Ein weiterer kurzer Videobeitrag der Druckerei, die die riesigen Plakate zur Verfügung stellte, gibt einen tollen visuellen Eindruck der Dimension der Ausstellung.


Verbunden mit der Ausstellung läuft auch eine Spendenkampagne für die von Kai Wiedenhöfer porträtierten Opfer des Syrienkriegs in Kooperation mit der Stern-Stiftung. Der Katalog zur Ausstellung ist im Verlag Kettler unter dem Titel „Syrian Collateral“ erschienen (ISBN: 978-3-86206-588-2, 25 Euro). Auf der Projektwebseite www.waronwall.org sind die Bilder ebenfalls zugänglich.