Von November
2013 bis Ende Januar 2014 zeigte die Al-Ma’mal Foundation in Ost-Jerusalem die
Ausstellung „The Long Journey“. Sie ist Teil der Aufarbeitung des Bildarchivs der
United Nations Relief and Works Agency for
Palestine Refugees in the Near East (UNRWA). Die
Ausstellung war in den neurenovierten Räumen der Organisation in einem alten Fabrikgebäude
in der Jerusalem Altstadt zu sehen. Zum ersten Mal wurden damit Teile des
umfangreichen Bildarchivs der UNRWA der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Es ist ein Gang in die Geschichte den man mit dem Besuch der
Ausstellung antritt. Eine Reise in die Geschichte der palästinensischen Flüchtlinge
und damit auch in die Geschichte des Israelisch-Palästinensischen Konflikts. Zu
sehen ist eine Seite des Konflikts, welche in historischen Bildern über den
Konflikt eher selten zu sehen ist vor allem was den ersten
israelisch-arabischen Krieg und seine Folgen für die Palästinenser angeht. Umso
wichtiger sind die Aufarbeitung der Bild-Archive der UNRWA und diese
Ausstellung.
Auf zwei Etagen ist in der Ausstellung eine Mischung aus
großformatigen Bildern an den Wänden und Fotobüchern zu sehen. Die Kuratoren
der Ausstellung haben Fotobücher zu 10 Themenblöcken zusammengestellt, die auf
einfachen Holztischen in der Mitte der Räume präsentiert werden. Die Blöcke
sind entweder nach Themen wie z.B. Berufsausbildung und Gesundheitsversorgung
oder nach Bildtypen wie Gesten, Warten, etc. geclustert. Die Bilder an den
Wänden dagegen folgen keiner erkennbaren inhaltlichen Ordnung. Alle Bilder,
sowohl in den Büchern als auch an den Wänden, sind mit der Archivnummer
gekennzeichnet sowie mit den Informationen die dazu hintergelegt wurden. Die
Bildinformationen zeichnen sich damit durch eine große Sachlichkeit aus. Es
sind ausnahmslos Schwarz-Weiß Fotografien zu sehen. Im Vordergrund stehen die
50er, 60er und 70er Jahre.
Bei der Betrachtung der Bilder ist natürlich zu
berücksichtigen, dass es sich bei vielen der gezeigten Bilder eher um
klassische Public-Relations-Bilder handelt: Bilder, die von der UNRWA in
Auftrag gegeben worden sind um ihre Arbeit zu dokumentieren. Darüber hinaus
erzählen Sie als historische Dokumente immer noch genug um über diesen Umstand
hinwegsehen zu können. Wichtig ist er vielmehr zur Einordnung und zur
Interpretation des gezeigten Bildkanons. So sind auf vielen Bildern die
Projekte der UNRWA zu sehen, von der schulischen Bildung, über Berufsausbildung
bis hin zur Gesundheitsversorgung.
Dass die Bilder jedoch auch als zeithistorische Dokumente
fungieren zeigt zum Beispiel ein Bild aus einem Flüchtlingslager. Sicherlich
mit dem Ziel aufgenommen, die UNRWA-Aktivitäten zu dokumentieren, die sich an
neuen Zelten und einer organisierten Lagerstruktur zeigen, ist gleichzeitig
auch der elende Lageralltag zu sehen. Im Winter aufgenommen zeigt das Bild die
schlammigen Wege zwischen den Zelten und die typische Situation geflohener
Menschen. Bei den Bildern heutiger palästinensischer Flüchtlingslager mit
richtigen Häusern aus Stein und Beton mutet dies weit weg an.
Eine schöne Ergänzung zu den ausgestellten Fotografien sind
mehrere kurze Filme die im Rahmen der Ausstellung gezeigt wurden. Sie zeigen
die Arbeit mit dem UNRWA-Archiv. Einige von Ihnen gehen der Geschichte
einzelner Bilder nach. Der ehemalige UNRWA Fotograf George Nehmeh macht sich im
Gazasteifen auf die Suche nach den Protagonisten einzelner Bilder und sucht
diese Jahrzehnte später für ein Gespräch auf. Gezeigt werden zutiefst
menschliche Begegnungen und einen interessanten Umgang mit der eigenen
Geschichte ohne an irgendeiner Stelle in anti-israelische Ressentiments zu
verfallen.
Die Ausstellung kann als ein Gegengewicht zum
jüdisch-zionistischen Narrativ des Israelisch-Palästinensischen Konflikts
gelesen werden. Dieses zeigt sich oft in historischen Abhandlungen über Israel
wie im Fotobuch „ 50 Jahre Israel in Magnum-Photographien“. Auch die
historischen Bilder über die Staatsgründung und den Staatsaufbau die sich immer
wieder in Fotografieausstellungen finden, blenden oft die Vertreibung von
Palästinensern aus. Trotz allem können die in Jerusalem gezeigten Bilder nicht
gegen die ikonischen Qualitäten des israelischen Bildkanons ankommen, der sich
exemplarisch an Bildern wie dem Hissen der Flagge oder des ersten Besuchs
israelischer Soldaten an der Klagemauer in Ost-Jerusalem 1967 zeigt. Dass durch
die Digitalisierung des UNRWA-Archivs die Bilder der palästinensischen
Flüchtlinge als zeithistorische Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden, ist trotz allem ein wichtiger Schritt.
Weiterführende Literatur und Informationen:
http://147.237.72.31/topsrch/defaulte.htm
(Israel National Photo Collection)
http://www.fai.org.lb/Home.aspx
(Arab Image Foundation)
Fienbork, Matthias (1998): 50 Jahre Israel
in Magnum-Photographien, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.