Was
passiert, wenn ein im journalistischen Kontext entstandenes Bild in einen rein
künstlerischen Kontext überführt wird, lässt sich zur Zeit an einer Arbeit des
Fotografen Luc Delahaye in der Ausstellung „Damage Control – Art and
Destruction since 1950“ im Luxemburger Museum für zeitgenössische Kunst Mudam
in Luxemburg Stadt beobachten. Die Ausstellung wurde organisiert vom
Washingtoner Hirshhorn Museum und
der amerikanischen Smithsonian Institution.
Im
Untergeschoss des Mudam hängen zwei großformatig präsentierte Fotografien von
Luc Delahaye aus seiner Serie „History“. Darunter ist eines seiner bekanntesten
Bilder mit dem Titel „Jenin Refugee Camp“. Es zeigt die Ruinen des
Flüchtlingslagers der palästinensischen Stadt Jenin nach einem Militäreinsatz
während der 2. Intifada im Jahr 2002. Dieses Bild und ein zweites aus dem
Irak-Krieg werden nebeneinander in einem Raum mit Arbeiten aus der Serie „jpeg“
von Thomas Ruff präsentiert. Zu Delahayes Bild von Jenin gibt es keinerlei
Bildunterschriften, die auf die dargestellte Situation und den Kontext, in dem
die Aufnahmen entstanden sind, hinweisen. Damit werden die Fotografien in einem
dokumentarischen Sinn wertlos und funktionieren nur noch als selbstreferentielle,
auf das Ästhetische reduzierte Bilder. Was bleibt ist eine Szene der
Zerstörung. Auch wenn Luc Delahaye dafür bekannt ist, dass er seinen
Arbeitsschwerpunkt vom journalistischen auf das Künstlerische verlagert hat ist
in Frage zu stellen, ob er selbst eine solche Präsentation für gut heißen
würde.
In
der Zeitschrift Fotogeschichte veröffentlichte Agnes Matthias im Jahr 2004
einen guten Artikel, in dem sie ausführlich auf die Unterschiede von
journalistischen und künstlerischen Fotografien eingeht, unter anderem am
Beispiel der Arbeit von Luc Delahaye. Über den stattfindenden Funktionswandel
schreibt sie: „die ästhetische Dimension
der Bilder wird durch bestimmte Präsentationsstrategien in den Vordergrund
gerückt, die Information, die diese in ihrem ursprünglichen
Verwertungszusammenhang transportieren sollte, tritt zurück“.
Dies ist in großer Deutlichkeit in der Luxemburger Ausstellung zu beobachten.
Das
hier beschriebene Problem entsteht auch durch die Überführung von
journalistischen Fotografien in die fotografische Sammlung eines Museums. Einmal im Besitz einer privaten oder
öffentlichen Sammlung stehen die Fotografien nur noch als Referenten für sich
selbst und ähneln einem Gemälde. Wie im Fall der Luxemburger Ausstellung werden
sie herangezogen um thematische Ausstellungen und kuratorische Einfälle zu
bebildern. Ob der Fotograf sein Bild in einem solchen Kontext präsentieren
würde, ist dabei völlig zweitrangig. Hier findet ein immenser Funktionswandel
der Fotografie statt, die aus dem journalistischen Dokument die Illustration
eines kuratorischen Konzepts macht.
Die
Ausstellung ist noch bis zum 12. Oktober zu sehen. Weitere Informationen gibt
es auf der Homepage des Museums.