In der vergangenen Woche
wurde dem italienischen Fotografen Giovanni Troilo der diesjährige World Press Photo
Award in der Kategorie Contemporary Issues aberkannt. Schon vorher gab es längere
Diskussionen um Manipulation und Ethik in Zusammenhang mit dem wohl prestigeträchtigsten
Preis für Fotojournalismus. Schon bei Eingang der Arbeiten wurden ca. 20
Prozent aussortiert, weil die Jury sie als von den Standards des Preises
abweichend klassifiziert hatte. Das Problem der Ethik und der Manipulation kann
man dabei aus vielen Perspektiven diskutieren, ausgehend vom individuellen
Handeln, den institutionellen Praktiken und den Konventionen des Gewerbes. Ich
möchte hier den Blick auf die Prämierungspraxis des World Press Photo Award
legen. Meiner Ansicht nach kommt es nicht von ungefähr, dass es so viele
Arbeiten gibt, die ausgeschlossen werden. Auch dass die Arbeit von Troilo prämiert
wurde, ist symptomatisch für eine bestimmte Haltung der World Press Photo
Academy gegenüber dem Fotojournalismus.
Die Serie „La ville noire“
von Troilo ist eine sehr ästhetische fotografische Arbeit mit einer eigenen
Handschrift. Ihren Reiz zieht sie unter anderem aus den Nachtaufnahmen und den
sehr bewusst inszenierten Porträts. Hier zeigt sich eine fotografische Ästhetik,
die meiner Ansicht nach ohne Inszenierung und den sehr bewussten Umgang mit
Licht kaum erreicht werden kann. So exakt ausgeleuchtete Nachtaufnahmen, wie
z.B. beim Bild des Paares beim Sex in ihrem Auto, können eigentlich nicht ohne eine
genaue Planung oder ein umfangreiches Nachbearbeiten entstehen. Dies hätte der
Jury von Beginn an Auffallen müssen. Und es ist es sicherlich auch. Nur
entsprechen diese Bilder eben genau jener Ästhetik, die von der World Press Photo
Academy gefördert wird. Es ist eine fotografische Ästhetik, welche die Grenzen
zur Werbefotografie und zur Kunst auslotet und meiner Ansicht auch überschreitet.
Damit ist ein grundsätzliches Problem benannt, das sich in der Vergabepraxis
von Preisen des World Press Photo Award auch in anderen Jahren finden lässt. In
diesem Zusammenhang sei auch das vieldiskutierte Gewinnerbild von Paul Hansen
aus dem Jahr 2012 genannt. Auch wenn klar nachgewiesen werden konnte, dass es
nicht manipuliert wurde, so hat auch hier die ästhetisierte Bildbearbeitung aus
meiner Sicht eine Grenze überschritten. Insofern verweist dies auf die
Notwendigkeit einer kritischen Diskussion ästhetischer Praktiken im
Fotojournalismus und der Vergabepraxis von renommierten Fotopreisen und ihrer Stilprägenden
Wirkung.
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