Zurzeit ist
in Paris ein spannendes Ausstellungsprojekt zu sehen: die Biennale für Fotografie
aus der zeitgenössischen arabischen Welt. An acht Orten, darunter dem Institut
du Monde Arabe sowie der Maison Européenne de la Photographie sind die Werke
von 50 Fotografen ausgestellt. Einige der Arbeiten stammen von palästinensischen
Fotografen oder haben Palästina zum Thema und werfen einen spannenden und
unbekannten Blick auf die Region. Diese sollen hier kurz vorgestellt werden.
Der
palästinensische Künstler Yazan Khalili beispielsweise zeigt im Institut du
Monde Arabe seine Fotoserie „Paysage de l'Obscurité“. Es sind düstere Nachtaufnahmen
von Landschaften, die im Dunkeln liegen. Auf einem Bild erstreckt sich dazu am
Horizont eine erleuchtete Ebene, auf einem anderen eine hell erleuchtete Straße.
Es ist der typische Blick von den Bergen der Westbank hinunter nach Israel zu
den urbanen Zentren am Meer. Khalili nimmt hier über die Frage der Beleuchtung
die Asymmetrie des israelisch-palästinensischen Konflikts auf Korn.
Amélie Debray - Spectatrices du stade Al-Bireh de Ramallah, Palestine, 2011
© Amélie Debray
Courtesy Galerie du Jour Agnès b, Paris |
Dem Thema
Fußball in Palästina widmet sich die französische Fotografin Amélie Debray. In
einer umfangreichen fotografischen Recherche mit dem Titel „Surface de
réparation“ zeigt sie die Fußballbegeisterung des palästinensischen Volkes,
egal ob Kinder, Männer oder Frauen. Eine tolle Alltagsbeobachtung zeigt
beispielsweise eine Gruppe junger Frauen im Stadium von Al-Bireh bei Ramallah.
Freundlich lächelnd blickt eines der Mädchen forsch direkt in die Kamera.
Debray hat ein wunderbares Porträt des Alltags in Palästina geschaffen, das
sich angenehm aus dem Kanon fotografischer Reportagen über die Region abhebt.
Etwas
ratlos lässt den kritischen Betrachter die Arbeit „Gaza: eau miracle“ von
Massimo Berruti zurück. Sie ist Teil eines größeren fotografischen Projekts,
das der italienische Fotograf für die französische Entwicklungshilfeagentur AFD
erarbeitet hat. Die in der Maison Européenne de la Photographie gezeigte Arbeit
versammelt Bilder aus dem Gazastreifen, die den Umgang mit der knappen
Ressource Wasser und daraus entstehenden Problemen zeigen sollen. Über
begleitende Texte ist sie in einen sehr politischen Diskurs eingebettet, der
die Wasserknappheit als Folge der israelischen Besatzungspolitik darstellt. So
weit so gut.
Leider
fokussieren die kontrastreichen Schwarz-Weiß Bilder stark auf Kinder im
Gazastreifen und zeigen den Küstenstreifen fast ausschließlich als einen miserablen
Ort. Andere Themen die einem zu Wasser in den Sinn kommen. z.B. des
unterschiedlichen Gebrauchs von Wasser in der Unter- oder Oberschicht, werden
nicht aufgegriffen. Damit steht die Arbeit in einer Tradition von Arbeiten die
von internationalen Organisationen finanziert werden und den Fokus
ausschließlich auf die Misere richten und damit den Opferstatus der
Palästinenser zementieren.
Daneben
sind in der Ausstellung im Institut du Monde Arabe Bilder des palästinensischen
Fotografen Steve Sabella zu sehen, der mittlerweile in Berlin lebt, sowie von
Mohammed Abusal aus dem Gazastreifen. Sabella zeigt seine Serie „38 Days of
Re-collection“. Mohammed Abusal dagegen zeigt in seiner Serie „Shambar“
Nachtaufnahmen aus dem Gazastreifen von Orten, die von Generatoren
unterschiedlicher Stärke beleuchtet werden und verweist damit auf die
Elektrizitätsprobleme im Gazastreifen.
Eine
interessante Reflektion in Bezug auf die Rolle der Fotografie im Verhältnis von
Unterdrücker und Unterdrückten war in der Ausstellung in einem Statement des palästinensischen
Künstlers Yazan Khalili zu lesen: „Der Fotoapparat des Unterdrückten ist die
Fortsetzung seines Auges, während der Fotoapparat des Unterdrückers die
Fortsetzung seines Geistes ist“.
Zur
Biennale ist ein Katalog im Snoeck Verlag (ISBN 978-94-6161-262-5) erschienen.
Die Webseite der Biennale stellt darüber hinaus alle beteiligten Künstler
einzeln vor. Zur Arbeit von Amélie Debray über Fußball in Palästina ist im
Verlag „Les presses du reel“ auch ein umfangreiches Buch erschienen.
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