Seit dem Beginn der Eskalation des Konflikts im Nahen Osten
zwischen der israelischen Regierung und der Hamas ist der Verlauf der
Auseinandersetzung im Web 2.0 auch zunehmend im Fokus von Blogbeiträgen und
Artikeln. So zeichnete John Mason den Verlauf des Konflikts auf der
Foto-Plattform Instagram nach. In einem Kommentar auf „The Daily Beast“ ging
Ali Gharib auf Twitter-Nachrichten über den Krieg und die Involvierung von
Journalisten ein.
Was in der vor allem über Twitter ausgetragenen
Auseinandersetzung über den Konflikt zu beobachten ist, ist ein Kampf um die
Deutungshoheit des Konflikts und seiner aktuellen Eskalation. Diejenigen, die
hier in die Auseinandersetzung eingestiegen sind, sind die direkten
Konflikt-Parteien wie die israelische Armee IDF und pro-israelische Gruppen
sowie der Hamas nahestehende Gruppen. Zu beobachten ist ein Kampf um die
Narrative. Das besondere an der Auseinandersetzung im Web 2.0 ist, das auf
diese Art und Weise die Nachrichten und damit die Auseinandersetzung direkt das
Publikum erreichen und die Auseinandersetzung nicht mehr gefiltert über die
Presse ausgetragen wird. Die Gruppen versuchen, die öffentliche Meinung über
die neuen Medien direkt zu beeinflussen, ohne den Umweg über die Presse nehmen
zu müssen. Dies ist eine dramatische Wende und verlagert die Auseinandersetzung
in die Weiten des Internets.
Was wegfällt ist die Funktion des Journalismus und seiner
Medien, die Informationen zu kontextualisieren und einzuordnen,
Hintergrundinformationen zu liefern und verschiedene Meinungen zu Wort kommen
zu lassen. Auch eine Lösungsorientierung wie sie der konfliktsensitive
Journalismus fordert, ist hier nicht Teil der Auseinandersetzung. Besonders
drastisch wird dies am Verbreiten von Bildern ziviler Opfer sichtbar. Beide
Seiten nutzen diese Bilder, um Emotionen auf ihre Seite zu ziehen und mit der
„Beweiskraft“ des Bildes die Legitimität des eigenen Handelns bzw. die
Illegitimität des Handelns des anderen zu untermauern. Was wegfällt ist eine
Kontextualisierung und Einordnung der Bilder in das Konfliktgeschehen. Als
relevante Information werden diese Bilder somit fast wertlos, da sie nur als
reine Bestätigung von Faktischen – dieser Mensch auf dem Bild wurde verwundet –
dienen.
Im Zusammenhang mit der Diskussion dieses Phänomens poppt in
der Diskussion immer wieder der Begriff des Bilder-Krieges oder Medien-Krieges
auf. Meiner Ansicht nach ist es nicht problematisch diesen Begriff zu
verwenden. Ein Mal in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen und als Fakt
akzeptiert, liefert der Begriff des „Bilder-Kriegs“ z.B. der IDF die
Legitimation, Hamas nahestehende Sender zu bombardieren. Insofern ist der
Gebrauch dieses Begriffes im Interesse der Konflikt-Parteien und sollte von
daher von den Medien und Wissenschaftlern tunlichst gemieden werden. Die
tatsächlichen Kriegshandlungen werden immer noch mit Waffen von den
Konflikt-Parteien verübt. Was in den Medien und über die Medien stattfinden,
ist hingegen eine Auseinandersetzung über die Deutungshoheit des Konflikts und
der Geschehnisse. Diese kritisch hin auf ihre Qualität, die Einhaltung
journalistischer Standards und eine Konfliktsensitivität zu überprüfen, sollte
sich die Kommunikationswissenschaft zur Aufgabe machen.