Jeder Nutzer der digitalen Fotografie weiß es: ein bisschen
rumspielen an den Reglern für Kontrast und Sättigung und schon werden die
zuerst noch dunklen, im Schatten liegenden Bildparteien auf ein Mal hell. Es
ist ein einfacher Vorgang, der erst ein Mal keinerlei Manipulation des
Bildinhaltes bedeutet. Zumindest lassen alle ethischen Grundsätze des
Fotojournalismus dies bislang zu. Es geht hier um eine Optimierung am Bild so
gemeinhin die Auffassung. Und trotzdem ist es ein Gegenstand der Diskussion.
Wer sich das Siegerbild von Hansen genauer anschaut, der
sieht sehr schnell dass auch der schwedische Foto-Reporter in dieser Hinsicht
sein Bild bearbeitet hat. Auffällig ist der artifizielle Charakter des Bildes,
der so entsteht. Es wirkt ein bisschen unwirklich, die Farben unnatürlich. Und
genau dass ist beklemmende an diesem Bild: Denn es stellt sich die Frage, ob
dieses aus journalistischer Sicht gut gemachte Bild diese Form der Bearbeitung
braucht und verträgt. Hinsichtlich der Bearbeitung ist vor allem zu bemängeln,
dass es der Angleichung fotojournalistischer Bilder an Produkte der
Werbefotografie weiter Vorschub leistet. Diese Tendenz, die schon seit mehreren
Jahren zu beobachten ist, verstärkt sich weiter wenn Betrachter beim Anblick
eines journalistischen Fotos aufgrund der digitalen Bearbeitung den Eindruck
der Artifizialität bekommen.
Darüber hinaus ist zu überlegen, ob die entsprechenden
ethischen Kodices, die eine solche Bearbeitung erlauben, noch zeitgemäß sind.
Bildbearbeitung gab es schon immer sagen viele in der Branche und auch die
analoge Fotografie lebte davon dass im Labor Farben und Kontraste angeglichen
werden konnten. Die digitale Fotografie hat dies mit dem Siegeszug von
Photoshop jedoch weiter vereinfacht. Insofern ist es berechtigt auch immer
wieder aktuelle Standards zu hinterfragen.
Eine Sache jedoch darf mit der Diskussion um die
Fragwürdigkeit der digitalen Bearbeitung des Bildes nicht vergessen werden: die
Authentizität des Augenblicks der von Hansen eingefangen wurde und der
wahrscheinlich auch die Jury überzeugte. Hansen hat ein tragisches politisches
Ereignis eingefangen, welches Teil der Konflikt-Realität im Gazastreifen
bedeutet. Hieran besteht kein Zweifel und sollten auch keine Zweifel genährt
werden. Die Frage die sich hieraus jedoch ableitet, ist, ob ein solches Bild
eine derartige Bildbearbeitung zur Unterstützung der Bildaussage braucht oder
nicht.
Nicht zu unterschätzen ist dass mit der Auszeichnung von
Bildern durch den World Press Photo Award Standards gesetzt werden. Und dies
ist vielleicht das beunruhigendste an der diesjährigen Jury-Entscheidung. Denn
damit wird eine alltägliche fotojournalistische Praxis der Bildbearbeitung, die
vielleicht nicht ethisch falsch, aber durch fragwürdig ist, gewürdigt. Generationen
von jungen, aufstrebenden Fotojournalisten auf der ganzen Welt orientierten und
orientieren sich was Bildsprache und Visualität angeht an diesem Preis. Was mit
dem Preis heute ausgezeichnet wird, ist morgen Standard im Fotojournalismus. Ob
damit dem qualitativ hochwertigen Fotojournalismus ein guter Dienst erwiesen
wurde, ist somit berechtigterweise in Frage zu stellen.
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