Montag, 4. März 2013

Das Apartheid-Regime im Blick lokaler Fotojournalisten

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Dass der Leiter des Hauses der Kunst in München Okwui Enwezor etwas von afrikanischer Fotografie versteht, hat er in den letzten Jahren vielfach unter Beweis gestellt, wie beispielsweise in der Eröffnungsausstellung der Walther Collection im Jahr 2010. Jetzt ist im Haus der Kunst in München die von ihm mitkuratierte und in Zusammenarbeit mit dem International Center for Photography in New York entstandene Ausstellung „Aufstieg und Fall der Apartheid“ zu sehen. Wie es im Einführungstext der Ausstellung heißt, geht es in der Ausstellung „weniger um die Geschichte der Apartheid, als um die Frage, wie sich Apartheid im Alltag der Menschen manifestiert hat“ und wie die Fotografie als Medium lokaler Fotojournalisten dies erzählt.

Wer sich in die Ausstellung begibt, sollte viel Zeit und Geduld mitbringen. Hunderte, vor allem Schwarz-Weiß Bilder in kleiner Größe zeigen chronologisch die Geschehnisse im Apartheidsregime in Südafrika, den Alltag und die sich wandelnden Formen des Widerstandes. Dazu sind in Vitrinen Bücher und Zeitschriften, die entweder aus Südafrika selbst stammen oder sich mit dem Apartheidsregime beschäftigen, ausgestellt. Leider ist der chronologische Aufbau der Ausstellung implizit und für den Besucher nicht ersichtlich. So sieht der Besucher sich abgesehen von der Haupthalle mit einer Flut von Bildern konfrontiert. Um sich diesen von Anfang bis Ende zu widmen braucht man entweder ein großes geschichtliches Interesse oder man muß ein großer Fan der Schwarz-Weiß Fotografie sein. Umso intensiver die riesigen Bilder des Protests in der Haupthalle, die eindrücklich die Kraft der dokumentarischen Fotografie zeigen.

Die große Leistung der Ausstellung ist es, die Geschichte der Apartheid mit den Augen lokaler, südafrikanischer Fotojournalisten zu zeigen. Wohl nur intime Kenner afrikanischer Fotografie kannten vorher das Magazin „Drum“, das in den 50er Jahren in Südafrika erschien und der schwarzen Bevölkerung eine Stimme verlieh. Auch Afrapix, die südafrikanische Foto-Agentur die in den 80er Jahren das Aushängeschild politisch engagierter Fotografie war, ist eher Insidern bekannt. Und die Namen der hervorragenden südafrikanischen Fotografen wie Omar Badsha oder Peter Magubane waren bisher eher weniger geläufig. Im historischen Überblick kontextualisiert sich auch der sogenannte „Bang Bang Club“ der über das autobiografische Buch von Greg Marinovich und João Silva und seine Verfilmung international Berühmtheit erlangte. Im Vergleich zur fotografischen Geschichte der Apartheid, welche die Ausstellung zeigt, ist die Bedeutung des „Bang Bang Club“ eher gering und hinter der internationalen Bekanntheit der Gruppe steht wohl eher der Wunsch nach Heroisierung von Konfliktfotografen.

Schade ist, dass die informativen Texte, welche die Ausstellung begleiten, eher ein einsames Dasein in den Raumecken finden. So ist es mitunter schwierig den Zusammenhang zwischen den Texten und den entsprechenden Bildstrecken herzustellen. Und nur wer aufmerksam liest bekommt beispielsweise mit, dass es sich bei einigen Bildstrecken um Propagandastrecken aus Sicht des Apartheidregimes handelt, die die reibungslose Kooperation weißer und schwarzer Eliten zeigen. Auf bildnerischer Ebene ist dieser Unterschied nicht zu erkennen.

Sehenswert und erkenntnisreich ist die Ausstellung allemal. Und sie sollte zu denken geben, ob es immer notwendig ist, die Geschichte auch aktuell konfliktträchtiger Länder immer mit den Augen weißer, westlicher Fotojournalisten zu erzählen, oder ob die Suche nach lokalen Fotojournalisten, die kenntnisreich ihre eigene Geschichte erzählen, nicht eine Alternative darstellen könnte.


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