Dass der Leiter des Hauses der Kunst in München Okwui
Enwezor etwas von afrikanischer Fotografie versteht, hat er in den letzten
Jahren vielfach unter Beweis gestellt, wie beispielsweise in der Eröffnungsausstellung
der Walther Collection im Jahr 2010. Jetzt ist im Haus der Kunst in München die
von ihm mitkuratierte und in Zusammenarbeit mit dem International Center for
Photography in New York entstandene Ausstellung „Aufstieg und Fall der
Apartheid“ zu sehen. Wie es im Einführungstext der Ausstellung heißt, geht es
in der Ausstellung „weniger um die Geschichte der Apartheid, als um die Frage,
wie sich Apartheid im Alltag der Menschen manifestiert hat“ und wie die
Fotografie als Medium lokaler Fotojournalisten dies erzählt.
Wer sich in die Ausstellung begibt, sollte viel Zeit und
Geduld mitbringen. Hunderte, vor allem Schwarz-Weiß Bilder in kleiner Größe
zeigen chronologisch die Geschehnisse im Apartheidsregime in Südafrika, den
Alltag und die sich wandelnden Formen des Widerstandes. Dazu sind in Vitrinen
Bücher und Zeitschriften, die entweder aus Südafrika selbst stammen oder sich
mit dem Apartheidsregime beschäftigen, ausgestellt. Leider ist der
chronologische Aufbau der Ausstellung implizit und für den Besucher nicht
ersichtlich. So sieht der Besucher sich abgesehen von der Haupthalle mit einer
Flut von Bildern konfrontiert. Um sich diesen von Anfang bis Ende zu widmen
braucht man entweder ein großes geschichtliches Interesse oder man muß ein
großer Fan der Schwarz-Weiß Fotografie sein. Umso intensiver die riesigen
Bilder des Protests in der Haupthalle, die eindrücklich die Kraft der
dokumentarischen Fotografie zeigen.
Die große Leistung der Ausstellung ist es, die Geschichte
der Apartheid mit den Augen lokaler, südafrikanischer Fotojournalisten zu
zeigen. Wohl nur intime Kenner afrikanischer Fotografie kannten vorher das
Magazin „Drum“, das in den 50er Jahren in Südafrika erschien und der schwarzen
Bevölkerung eine Stimme verlieh. Auch Afrapix, die südafrikanische Foto-Agentur
die in den 80er Jahren das Aushängeschild politisch engagierter Fotografie war,
ist eher Insidern bekannt. Und die Namen der hervorragenden südafrikanischen
Fotografen wie Omar Badsha oder Peter Magubane waren bisher eher weniger
geläufig. Im historischen Überblick kontextualisiert sich auch der sogenannte
„Bang Bang Club“ der über das autobiografische Buch von Greg Marinovich und João
Silva und seine Verfilmung international Berühmtheit erlangte. Im Vergleich zur
fotografischen Geschichte der Apartheid, welche die Ausstellung zeigt, ist die
Bedeutung des „Bang Bang Club“ eher gering und hinter der internationalen
Bekanntheit der Gruppe steht wohl eher der Wunsch nach Heroisierung von
Konfliktfotografen.
Schade ist, dass die informativen Texte, welche die
Ausstellung begleiten, eher ein einsames Dasein in den Raumecken finden. So ist
es mitunter schwierig den Zusammenhang zwischen den Texten und den
entsprechenden Bildstrecken herzustellen. Und nur wer aufmerksam liest bekommt
beispielsweise mit, dass es sich bei einigen Bildstrecken um Propagandastrecken
aus Sicht des Apartheidregimes handelt, die die reibungslose Kooperation weißer
und schwarzer Eliten zeigen. Auf bildnerischer Ebene ist dieser Unterschied
nicht zu erkennen.
Sehenswert und erkenntnisreich ist die Ausstellung allemal.
Und sie sollte zu denken geben, ob es immer notwendig ist, die Geschichte auch
aktuell konfliktträchtiger Länder immer mit den Augen weißer, westlicher
Fotojournalisten zu erzählen, oder ob die Suche nach lokalen Fotojournalisten,
die kenntnisreich ihre eigene Geschichte erzählen, nicht eine Alternative
darstellen könnte.
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