Dienstag, 25. Februar 2014

Berlin im Zeichen des Bilddiskurses II


Nachdem am vergangenen Samstag im Berliner Haus der Kulturen der Welt die Thementage „Krieg erzählen“ zu Ende gingen, wo es mehrere Veranstaltungen zum Thema Fotografie gab, kündigen sich schon die nächsten Veranstaltungen an, die den Bilddiskurs in der Hauptstadt fortführen.

Am Donnerstag den 27. Februar wird es um 19 Uhr in der IFA-Galerie ein Gespräch über die aktuelle Ausstellung „Blickverhältnisse“ geben. Die Ausstellung fragt nach der Rolle der Fotografie in der kolonialen Vergangenheit Brasiliens und stellt historische Aufnahmen aus dem 19. Jahrhundert des aus Berlin emigrierten Fotografen Alberto Hentschel den Arbeiten der zeitgenössischer Fotografen Eustáquio Neves und Luciana Gama gegenüber.

„Das Ausstellungsgespräch lädt ein, gemeinsam die Blickverhältnisse im Spannungsfeld fotografischer Bildproduktion und Repräsentation zu untersuchen: Wer zeigt auf wen, mit welcher Absicht und zu wessen Vorteil? Was wird in den Aufnahmen sichtbar und was bleibt außerhalb des Blickfelds? Im Spiegel der Bildwelten Alberto Henschels werden Strategien des (Un-)Sichtbarmachens, des Sich-Entziehens und -Aneignens als Möglichkeiten einer widerständigen Bildpraxis diskutiert“. (Anküdnigungstext)

Etwa zwei Wochen später wird am 12. März es in der Akademie der Künste eine Podiumsdiskussion zum Thema „Indexschwindel – Was von Bildern bleibt. Foto, Film, Game.“ stattfinden. Eingeladen sind die Medienwissenschaftler Jan Distelmeyer, Winfried Gerling, Britta Neitzel sowie der Filmemacher Romuald Karmakar. Im Vordergrund der Veranstaltung wird die Frage nach den Bild-Politiken der unterschiedlichen Medien stehen und es wird nach dem Status des Bildes unter digitalen Bedingungen gefragt werden.

Ein Versprechen der Fotografie und auch des Films ist lange an ihre Indexikalität gebunden worden, ­ an ihre Fähigkeit, Realität aufzunehmen und auf ihre Weise wiederzugeben. Auch wenn diese Spur in die Wirklichkeit immer eine gestaltete gewesen ist, blieb das Spurhafte dieser Bildtypen Teil ihres gesellschaftlichen Stellenwerts. Dies scheint sich mit digitaler Technik radikal geändert zu haben“. (Veranstaltungsankündigung)

Der Abend verspricht spannende Schnittstellen zwischen Fotografie, Film und Videospiel aufzudecken. Die Diskussion ist Teil der Reihe „Schwindel der Wirklichkeit“ die seit November 2013 in der Akademie der Künste stattfindet.


Donnerstag, 20. Februar 2014

Berlin im Zeichen des Bilddiskurses


In den kommenden zwei Wochen finden in Berlin gleich zwei hochkarätig besetzte Konferenzen statt, die sich der Fotografie und dem Bilddiskurs widmen. Vom 20.-22. Februar finden im Haus der Kulturen der Welt (HKW) am Spreeufer die Thementage „Krieg erzählen“ statt. Vom 6.-8. März veranstaltet die Deutsche Photographische Gesellschaft (DGPh) das internationale Symposium „Missing Links & Forschungslücken“.

„Wie lässt sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts vom Krieg erzählen? (...) Wie können Texte, Bilder und Filme extreme Erfahrungen im Krieg vermitteln? Zu welchem Preis? Warum misslingen objektivierende Berichte so oft, und warum wählen so viele Berichterstatter subjektive Perspektiven?“ (Aus dem Programmflyer des HKW)

Die Frage nach der Darstellbarkeit von Krieg ist eines der zentralen Themen der von Carolin Emcke und Valentin Groebner kuratierten Konferenz „Krieg erzählen“. Auch wenn es dort nicht Schwerpunktmäßig um die Fotografie geht, so spielt diese doch eine zentrale Rolle auf den verschiedenen Panels. Den Anfang macht am Donnerstag den 20. Januar das Screening des Dokumentarfilms „Restrepo“ des Fotojournalisten Tim Hetherington. Tim Hetherington hat traurige Berühmtheit erlangt weil er 2011 in Lybien bei der Arbeit ums Leben kam. Am Freitag den 21. Februar gibt es zwei thematische Schwerpunkte zum Thema „Wie erzählen“. Der Fotograf Sebastian Bolesch und der Historiker Gerhard Paul beschäftigen sich mit der Lücke zwischen den Bildern, der Kunsthistoriker Peter Geimer und der Fotograf Marcel Mettelsiefen erörtern die Frage von Bild und Gegen-Bild. Weitere Themen die auf der Konferenz erörtert werden sind die Grenzen des Erzählens, Fragen von Scham und Schuld, die Sicherheit von Kriegsberichterstattern und die Perspektive von Zeugen.

„Wo liegen die weißen Flecken auf der Landkarte der Photographiegeschichte? Welches sind die einerseits heute dringend erscheinenden Desiderate und andererseits geeignete neue Ansätze, um der Photographieforschung neue Richtungen zu eröffnen? Welche Wendepunkte gab es in der 175-jährigen Geschichte der Photographie wirklich? Und wie ist der als so tiefgreifend empfundene Wandel des Mediums seit der Digitalisierung aus historischer Perspektive einzuordnen und zu bewerten? Wo gab und gibt es in der Geschichte des Mediums Photographie „Missing Links“, die Neuorientierungen, aber auch Sackgassen und „Fehlentwicklungen“ aufzeigen und erklären können?“ (Aus der Ankündigung der DGPh)

Das Symposium „Missing Links & Forschungslücken“ der DGPh steht ganz im Zeichen des historischen und akademischen Diskurses über das Medium Fotografie. So steht in der Keynote von Wolfgang Kemp unter dem Titel „Kontingenz und Koinzidenz: Photographen lieben Lücken“ am Donnerstag den 6. März der Bilddiskurs aus übergeordneter Perspektive im Fokus. Der Freitagmorgen steht im Zeichen der Fotografiegeschichte. Am Freitagnachmittag lenkt Michael Biedowicz von der ZEIT den Blick auf „Die Wa(h)re Photographie - über die Arbeit mit Bildern im Journalismus“. Seinen Abschluss findet der Freitag mit einer interessant besetzten Podiumsdiskussion zum Thema „ Photographie als Handels- und Sammelgut“. Das Symposium endet am Samstag den 8. März mit einem Potpourri aus Themen die von der Medizinphotographie über das Ende der analogen Fotografie bis zum Sofortbild reichen.

Somit verspricht Berlin in den nächsten Wochen ein spannendes Feld für die praktische wie wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Fotografie zu werden. Einmal mehr zeigt sich damit die Bedeutung des Mediums als Kulturgut sowie als Standortfaktor in der Hauptstadt und Kulturmetropole.







Montag, 17. Februar 2014

Through a lens darkly


Letzte Woche wurde auf dem internationalen Kinofestival „Berlinale“ in Berlin der Dokumentarfilm „Through a lens darkly: Black photographers and the emergence of people“ als Deutschlandpremiere gezeigt. Der vom amerikanischen Fotografen und Aktivisten Thomas Allen Harris realisierte Film erforscht die Rolle der Fotografie für die afro-amerikanische Community in den USA von der Zeit der Sklaverei bis in die Gegenwart. Inspiriert ist der Film von der Publikation „Reflections in Black: History of Black Photographers – 1840 to Present“ der amerikanischen Hochschullehrerin Deborah Willis.


Der Film zeigt auf beeindruckende Art und Weise, wie die Fotografie für die afro-amerikanische Communtiy in einem Spannungsfeld steht zwischen Selbstbestätigung und Negation. Harris verwebt autobiografische Elemente mit Fotografien aus privaten Fotoalben und der Presse sowie Interviews mit Fotografen, Wissenschaftlern und Künstlern zu einer spannenden Dokumentation. Dabei ist der Film getragen von einem Glauben an die Möglichkeiten der Fotografie, als Medium des sozialen Wandels genutzt zu werden und für Menschlichkeit einzustehen. Der Film legt den Finger in die Schwachstellen des dominanten us-amerikanischen Narrativs, in dem das Bild der afro-amerikanischen Community bis heute geprägt ist von rassistischen Stereotypen. Afro-amerikanische Fotografen kommen darin kaum vor. Der Film zeigt auf beeindruckende Art und Weise auf, wie sich nach der Sklaverei die Community das Medium der Fotografie angeeignet hat um sich selbst als vollwertige Bürger vor der Kamera zu porträtieren.

Die filmische Erzählung lebt von der Interaktion zwischen fotografischen Stills aus privaten Fotoalben sowie professioneller Fotografen und Interviewauszügen.  Es kommt eine Vielzahl afro-amerikanischer Künstler, Fotografen und Wissenschaftler zu Wort, darunter Renee Cox, Roy de Cavara Coco Fusco, Chester Higgins, Chuck Stewart, Robin Kelly, Richard Powell, Carrie Mae Weems und Deborah Willis. In seiner unglaublichen Informationsquelle ist „Through a lens darkly“ ein guter Startpunkt um sich mit der Geschichte afro-amerikanischer Fotografie in den USA zu beschäftigen und stellt gleichzeitig einen immensen Fundus für weitere Recherchen zum Thema dar.

Der Film ist in ein umfangreiches Multimediaprojekt eingebunden. Dessen wichtigstes Element ist die „Digital Diaspora Family Reunion Roadshow“. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein Format welches das Screening des Films USA-weit mit Bildungsangeboten und Workshops verbindet und sich vor allem an die afro-amerikanische Community selbst richtet. So werden Besucher aufgefordert, selbst in den Fotoalben ihrer Familien nach Zeugnissen der Geschichte zu suchen. Mit dem Hashtag #1World1Family können Bilder auf der Fotoplattform Flickr hochgeladen werden, um so ein Archiv der Geschichte von Familienbilder schwarzer Amerikaner zu erstellen.

Der Regisseur Thomas Allen Harris (Jahrgang 1962) wuchs in New York und Tansania auf und arbeitet als Dokumentarfilmer und Künstler. Er gründete die Filmproduktion „Chimpanzee Productions“, die auch für seinen aktuellen Film verantwortlich zeichnet. Im Jahr 2001 war sein auf Super8 gedrehter Kurzfilm „È Minha Cara/That’s my face“ im Programmbereich Forum auf der Berlinale zu sehen.


Literaturhinweise:
  • Deborah Willis (2002): Reflections in Black: History of Black Photographers – 1840 to Present, W.W. Norton, New York.
  • Roy de Cavara (1955): The Sweet Flypaper of Life, Simon and Schuster, New York.


Internetquellen:

Chimpanzee Productions