Letzte Woche wurde auf dem internationalen Kinofestival
„Berlinale“ in Berlin der Dokumentarfilm „Through
a lens darkly: Black photographers and the emergence of people“ als
Deutschlandpremiere gezeigt. Der vom amerikanischen Fotografen und Aktivisten
Thomas Allen Harris realisierte Film erforscht die Rolle der Fotografie für die
afro-amerikanische Community in den USA von der Zeit der Sklaverei bis in die
Gegenwart. Inspiriert ist der Film von der Publikation „Reflections in Black: History of Black Photographers – 1840 to Present“
der amerikanischen Hochschullehrerin Deborah Willis.
Der Film zeigt auf beeindruckende Art und Weise, wie die
Fotografie für die afro-amerikanische Communtiy in einem Spannungsfeld steht
zwischen Selbstbestätigung und Negation. Harris verwebt autobiografische
Elemente mit Fotografien aus privaten Fotoalben und der Presse sowie Interviews
mit Fotografen, Wissenschaftlern und Künstlern zu einer spannenden
Dokumentation. Dabei ist der Film getragen von einem Glauben an die
Möglichkeiten der Fotografie, als Medium des sozialen Wandels genutzt zu werden
und für Menschlichkeit einzustehen. Der Film legt den Finger in die
Schwachstellen des dominanten us-amerikanischen Narrativs, in dem das Bild der
afro-amerikanischen Community bis heute geprägt ist von rassistischen
Stereotypen. Afro-amerikanische Fotografen kommen darin kaum vor. Der Film
zeigt auf beeindruckende Art und Weise auf, wie sich nach der Sklaverei die
Community das Medium der Fotografie angeeignet hat um sich selbst als
vollwertige Bürger vor der Kamera zu porträtieren.
Die filmische Erzählung lebt von der Interaktion zwischen
fotografischen Stills aus privaten Fotoalben sowie professioneller Fotografen
und Interviewauszügen. Es kommt
eine Vielzahl afro-amerikanischer Künstler, Fotografen und Wissenschaftler zu
Wort, darunter Renee Cox, Roy de Cavara Coco Fusco, Chester Higgins, Chuck
Stewart, Robin Kelly, Richard Powell, Carrie Mae Weems und Deborah Willis. In
seiner unglaublichen Informationsquelle ist „Through a lens darkly“ ein guter Startpunkt um sich mit der
Geschichte afro-amerikanischer Fotografie in den USA zu beschäftigen und stellt
gleichzeitig einen immensen Fundus für weitere Recherchen zum Thema dar.
Der Film ist in ein umfangreiches Multimediaprojekt
eingebunden. Dessen wichtigstes Element ist die „Digital Diaspora Family Reunion Roadshow“. Hinter dem sperrigen
Titel verbirgt sich ein Format welches das Screening des Films USA-weit mit
Bildungsangeboten und Workshops verbindet und sich vor allem an die
afro-amerikanische Community selbst richtet. So werden Besucher aufgefordert,
selbst in den Fotoalben ihrer Familien nach Zeugnissen der Geschichte zu suchen.
Mit dem Hashtag #1World1Family können Bilder auf der Fotoplattform Flickr
hochgeladen werden, um so ein Archiv der Geschichte von Familienbilder
schwarzer Amerikaner zu erstellen.
Der Regisseur Thomas Allen Harris (Jahrgang 1962) wuchs in
New York und Tansania auf und arbeitet als Dokumentarfilmer und Künstler. Er
gründete die Filmproduktion „Chimpanzee Productions“, die auch für seinen
aktuellen Film verantwortlich zeichnet. Im Jahr 2001 war sein auf Super8
gedrehter Kurzfilm „È Minha Cara/That’s
my face“ im Programmbereich Forum auf der Berlinale zu sehen.
Literaturhinweise:
- Deborah Willis (2002): Reflections in Black: History of Black Photographers – 1840 to Present, W.W. Norton, New York.
- Roy de Cavara (1955): The Sweet Flypaper of Life, Simon and Schuster, New York.
Internetquellen:
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