Ende vergangener Woche fand in Berlin die internationale
Tagung „Image Operations“ statt. Kuratiert wurde sie von Charlotte Klonk vom
Berliner Exzellenzcluster der HU „Bild – Wissen – Gestaltung“ und Jens Eder von
der Universität Mannheim und fand im privaten Berliner „Institute for Cultural
Inquiry“ auf dem Pfefferberg statt. In einem spannenden Programm wurde eine
Vielzahl von Themenbereichen des zeitgenössischen Bilddiskurses angesprochen.
Nach zwei eher Theorie bezogenen Einleitungen der Bildwissenschaftler Tom
Mitchell und Marie-José Mondzain standen die beiden ersten Tage vor allem im
Kennzeichen einer stark empirisch gestützten Diskussion um das Verhältnis von
Bildern und Krieg.
Der Stockholmer Medienwissenschaftler Christian Christensen
machte das von Wikileaks veröffentliche Video der Ermordung eines
Reuters-Fotografen im Irak durch Soldaten eines amerikanischen
Kampfhubschraubers zum zentralen Punkt seines Vortrags. Das unter dem Namen
„Collateral Murder“ bekannte Video machte exemplarisch deutlich, wie groß die
Gefahr für Bildproduzenten in zeitgenössischen Kriegen ist. Für Christensen
zeigt sich an diesem Video, wie wichtig das Material von Whistleblowern für
Anti-Kriegs-Aktivisten sein kann. Mit der Offenlegung eines Mords übernahm das
Video, eigentlich vom Militär zur Dokumentation angefertigt, eine Funktion die normalerweise
dem Journalismus obliegt. Aber gerade im Irak-Krieg zeigte sich der
us-amerikanische Journalismus zu weiten Teilen als Komplize us-amerikanischer
Geopolitik.
Im Anschluss referierte der deutsche Medienwissenschaftler
Tom Holert über die Bedeutung von Bildern im Drohnenkrieg. In einem
hochinformativen Vortrag zeichnete er nach, wie die Bilder von Drohnen
exemplarisch die asymmetrische Machtausübung im zeitgenössischen Krieg deutlich
machen. Dabei ist der zunehmende Einsatz von Drohnen nicht nur ein Erfolg der
„revolution in military affairs“ sondern auch Teil eines neoliberalen
outsourcens und kostenreduzierens über das Einsparen von Personal. Bilder sind
für Drohnen insofern von Bedeutung, als dass deren Steuerung nur mit Hilfe von
Kameras möglich ist.
Den Abschluss des ersten Tages bildete eine aufschlussreiche
Diskussion des amerikanischen Künstlers Trevor Paglen mit der Frankfurter
Kunsthistorikerin Isabelle Graw. Paglen fungiert als Wissenschaftler mit
umfangreichen Forschungs- und Recherchevorhaben der seine Ergebnisse entweder
in Form von Texten oder künstlerischen Arbeiten präsentiert. Bekannt geworden
ist er durch seine fotografische Dokumentation von Spuren des Nicht-Sichtbaren
in der Politik. So fotografierte er geheime amerikanische Militärstützpunkte in
der Wüste ebenso wie den Weg militärischer Satelliten am Himmel. Dabei greift
er interessanterweise für viele seiner Projekte auf den Begriff der Landschaft
zurück. Seine fotografische Umsetzung, meist in großformatigen Arbeiten, hat
dabei tatsächlich Anleihen an klassische Landschaftsmalerei.
Am Freitagmorgen hielt die Berliner Kunsthistorikerin Verena
Straub einen interessanten Vortrag über das Bild weiblicher
Selbstmordattentäterinnen in Märtyrer Videos. Sie zeichnete die Geschichte des
Selbstmordattentats als Mittel des politischen Kampfs mit Hilfe von Videostills
seit den 80er Jahren nach. Dabei legte sie den Schwerpunkt auf die visuelle
Darstellung weiblicher Selbstmordattentäterinnen in der 2. Intifada. Sie wies
nach, wie in den Videos auch eine Kritik an dominanten Geschlechterrollen zu
finden ist.
Unglaublich reichhaltig war auch die Präsentation der
amerikanischen Anthropologin Zeynep Gürsel. Sie hat in den letzten Jahren die
Nachrichtenfotografie ausgehend von zentralen Institutionen wie der
Nachrichtenagentur AFP, dem World Press Photo Award oder dem Festival Visa Pour
L’Image untersucht. Als teilnehmende Beobachterin nahm sie an unzähligen
Auswahlprozessen und Workshops teil. Dabei konnte sie aufzeigen, wie sehr der
Fotojournalismus auf binäre Kodierungen angewiesen ist um seine Botschaften
rüberzubringen und als ein politisches Projekt gelesen werden muss. Ihre
Beobachtungen eines Workshops mit jungen türkischen Fotografen mit ihren
amerikanischen Mentoren machten deutlich, wie sehr die Suche nach Themen und
Bildern von westlichen Stereotypen und Exotismus geprägt sind.
Aufschlussreich war, wie sehr die Vorträge von einer
unkritischen Übernahme der Bilderkriegthese geprägt waren. Mehrere Vortragende
rekurierten darauf in ihren Einleitungen als so etwas wie das Bonmot. Dass ist
schade, bringt der Begriff doch eine ganze Reihe von problematischen
Entwicklungen mit sich. Diese zu aufzuschlüsseln und zu diskutieren wäre das
Thema einer eigenen Tagung.
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