Samstag, 19. April 2014

Image Operations


Ende vergangener Woche fand in Berlin die internationale Tagung „Image Operations“ statt. Kuratiert wurde sie von Charlotte Klonk vom Berliner Exzellenzcluster der HU „Bild – Wissen – Gestaltung“ und Jens Eder von der Universität Mannheim und fand im privaten Berliner „Institute for Cultural Inquiry“ auf dem Pfefferberg statt. In einem spannenden Programm wurde eine Vielzahl von Themenbereichen des zeitgenössischen Bilddiskurses angesprochen. Nach zwei eher Theorie bezogenen Einleitungen der Bildwissenschaftler Tom Mitchell und Marie-José Mondzain standen die beiden ersten Tage vor allem im Kennzeichen einer stark empirisch gestützten Diskussion um das Verhältnis von Bildern und Krieg.

Der Stockholmer Medienwissenschaftler Christian Christensen machte das von Wikileaks veröffentliche Video der Ermordung eines Reuters-Fotografen im Irak durch Soldaten eines amerikanischen Kampfhubschraubers zum zentralen Punkt seines Vortrags. Das unter dem Namen „Collateral Murder“ bekannte Video machte exemplarisch deutlich, wie groß die Gefahr für Bildproduzenten in zeitgenössischen Kriegen ist. Für Christensen zeigt sich an diesem Video, wie wichtig das Material von Whistleblowern für Anti-Kriegs-Aktivisten sein kann. Mit der Offenlegung eines Mords übernahm das Video, eigentlich vom Militär zur Dokumentation angefertigt, eine Funktion die normalerweise dem Journalismus obliegt. Aber gerade im Irak-Krieg zeigte sich der us-amerikanische Journalismus zu weiten Teilen als Komplize us-amerikanischer Geopolitik.

Im Anschluss referierte der deutsche Medienwissenschaftler Tom Holert über die Bedeutung von Bildern im Drohnenkrieg. In einem hochinformativen Vortrag zeichnete er nach, wie die Bilder von Drohnen exemplarisch die asymmetrische Machtausübung im zeitgenössischen Krieg deutlich machen. Dabei ist der zunehmende Einsatz von Drohnen nicht nur ein Erfolg der „revolution in military affairs“ sondern auch Teil eines neoliberalen outsourcens und kostenreduzierens über das Einsparen von Personal. Bilder sind für Drohnen insofern von Bedeutung, als dass deren Steuerung nur mit Hilfe von Kameras möglich ist.

Den Abschluss des ersten Tages bildete eine aufschlussreiche Diskussion des amerikanischen Künstlers Trevor Paglen mit der Frankfurter Kunsthistorikerin Isabelle Graw. Paglen fungiert als Wissenschaftler mit umfangreichen Forschungs- und Recherchevorhaben der seine Ergebnisse entweder in Form von Texten oder künstlerischen Arbeiten präsentiert. Bekannt geworden ist er durch seine fotografische Dokumentation von Spuren des Nicht-Sichtbaren in der Politik. So fotografierte er geheime amerikanische Militärstützpunkte in der Wüste ebenso wie den Weg militärischer Satelliten am Himmel. Dabei greift er interessanterweise für viele seiner Projekte auf den Begriff der Landschaft zurück. Seine fotografische Umsetzung, meist in großformatigen Arbeiten, hat dabei tatsächlich Anleihen an klassische Landschaftsmalerei.

Am Freitagmorgen hielt die Berliner Kunsthistorikerin Verena Straub einen interessanten Vortrag über das Bild weiblicher Selbstmordattentäterinnen in Märtyrer Videos. Sie zeichnete die Geschichte des Selbstmordattentats als Mittel des politischen Kampfs mit Hilfe von Videostills seit den 80er Jahren nach. Dabei legte sie den Schwerpunkt auf die visuelle Darstellung weiblicher Selbstmordattentäterinnen in der 2. Intifada. Sie wies nach, wie in den Videos auch eine Kritik an dominanten Geschlechterrollen zu finden ist.

Unglaublich reichhaltig war auch die Präsentation der amerikanischen Anthropologin Zeynep Gürsel. Sie hat in den letzten Jahren die Nachrichtenfotografie ausgehend von zentralen Institutionen wie der Nachrichtenagentur AFP, dem World Press Photo Award oder dem Festival Visa Pour L’Image untersucht. Als teilnehmende Beobachterin nahm sie an unzähligen Auswahlprozessen und Workshops teil. Dabei konnte sie aufzeigen, wie sehr der Fotojournalismus auf binäre Kodierungen angewiesen ist um seine Botschaften rüberzubringen und als ein politisches Projekt gelesen werden muss. Ihre Beobachtungen eines Workshops mit jungen türkischen Fotografen mit ihren amerikanischen Mentoren machten deutlich, wie sehr die Suche nach Themen und Bildern von westlichen Stereotypen und Exotismus geprägt sind.

Aufschlussreich war, wie sehr die Vorträge von einer unkritischen Übernahme der Bilderkriegthese geprägt waren. Mehrere Vortragende rekurierten darauf in ihren Einleitungen als so etwas wie das Bonmot. Dass ist schade, bringt der Begriff doch eine ganze Reihe von problematischen Entwicklungen mit sich. Diese zu aufzuschlüsseln und zu diskutieren wäre das Thema einer eigenen Tagung.


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