Die Erkenntnis, dass Bilder
allgegenwärtig und ihre weltweite Verbreitung über das Internet ein Kinderspiel
sind, dürfte an dieser Stelle wohl eher ein Allgemeinplatz sein. Angesichts der
immer wiederkehrenden Debatten um die Macht der Bilder und deren mögliche Eindämmung,
kann dies jedoch nicht oft genug ins Gedächtnis gerufen werden. Was jedoch zu Wünschen
übrig lässt, ist eine Ausdifferenzierung der Debatte um Bilder im Internet
hinsichtlich ihrer Gebrauchsformen sowie der Akteure, welche sie verbreiten.
Dies gilt vor allem dann, wenn Bildern eine herausragende Bedeutung zukommt,
wie z.B. bei gewalthaltigen Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen.
Zuletzt war dies wieder einmal am Gaza-Krieg zu beobachten.
Bilder sind wie oben
angedeutet, mannigfaltig. Sie sind in journalistischen Medien, in Magazinen und
Blogs zur Illustration, als
politisches Statement und Beweise bei NGO’s, als Mobilisierungstool in Facebook
und auf anderen Plattformen sowie zum rein privaten Nutzen in sozialen
Netzwerken zu finden. Wichtig ist bei der Betrachtung und der Diskussion von
Bildern, diese klar nach der Form ihrer Herstellung, ihrer Funktion sowie dem
Kontext der Veröffentlichung zu unterscheiden. So ist eine Einteilung in
verschiedene Kategorien wie privat, journalistisch, werblich und künstlerisch
sicherlich hilfreich. Dabei ist zu beobachten, dass diese Grenzen natürlich
immer wieder verschwinden. Die Frage nach der Funktion von Bildern und ihrer
Herkunft ist vor allem dann hilfreich, wenn es um öffentlich brisante und vor
allem konfliktträchtige Themen geht. So ist es bei der Beurteilung von Bildern
von zentraler Bedeutung, ob es um Information und Dokumentation, um PR-Zwecke
oder rein Privates geht.
Gefährlich
ist es vor allem dann, wenn Bilder die in den Medien verwendet werden, nicht
aus journalistischen Quellen, sondern aus sozialen Netzwerken im Web 2.0.
stammen. Hier lässt sich in der Regel nicht überprüfen wer die Quelle eines
Bildes ist. Durch wenige Klicks und Likes lassen sich Bilder im Web 2.0
massenhaft verbreiten und die Hemmschwelle Bilder einzustellen ist extrem
niedrig. Dies kann natürlich auch mit gefälschten Bildern passieren. Insofern
ist es wichtig, eine Unterscheidung zwischen diesen Bildern und jenen aus der
fotojournalistischen Berichterstattung zu treffen. Dies gilt insbesondere dann,
wenn es um die Darstellung von Kriegen und Konflikten geht.
So
ist zum Beispiel die Motivation, die hinter dem Posten der Bilder bei
Einzelpersonen steht meist nicht bekannt, es sein denn dass sie sich aus dem
Kontext des Posts erschließt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es in der
Regel eine völlig andere ist als diejenige professioneller, journalistischer
Akteure. Bei privaten Posts kann die Motivation von reinem Interesse, dem
Zeigen von Empörung bis hin zum bewussten Aufwiegeln und zur Stimmungsmache
reichen. Vor allem letztere stellen dabei die Problembereiche dar. Denn dies
sind Zwecke der Bildverbreitung, denen sich der Journalismus sogar entgegen
stellen sollte.
Meiner
Ansicht nach sind es nicht erst Fälle wie die Ausschreitungen um die Veröffentlichung
der Mohammed-Karrikaturen oder den Anti-Muslim Film von Bacile die aufhorchen
lassen. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass wir es wohl mit klar
orchestrierten Ereignissen zu tun haben. Oft aber sind im Web 2.0 Prozesse zu
beobachten, die aus Unbedachtheit entstehen und die sich dann verselbstständigen.
Hier stellt sich die Frage nach der Funktion von Bildern in sozialen
Netzwerken. Es kann argumentiert werden, dass das Hochladen von Inhalten, von
denen auszugehen ist, dass sie von anderen genauso gelesen werden, die Identität
einer bestimmten Nutzergruppe in den sozialen Netzwerken stärkt. So bestätigen
sich die Nutzer gegenseitig in ihren politischen Meinungen und spielen sich die
Bälle zu.
Dies
ist dann keine Form des Citizen Journalism sondern das private Nutzen von
Kommunikationsmöglichkeiten die durch das Medium gleichzeitig öffentlich oder
semi-öffenlicht werden. Soziale Netzwerke verleiten auch deswegen zu Fehlern,
da für viele Nutzer nicht klar ist, wo die Grenzen des Privaten und Öffentlichen
liegen. Twitter-Nachrichten die für den Austausch innerhalb der Community
genutzt werden, werden durch das Retweeten möglicherweise öffentlich. Damit ist
es oft unmöglich, die Folgen des eigenen Handelns abzuschätzen. Somit stellt
sich die Frage, ob es mit einer reinen Netiquette getan ist oder die User
generell nicht ein neues Bewusstsein über mögliche (nicht-intendierte)
Konsequenzen des eigenen Handelns brauchen, somit größere Bild- und
Medienkompetenz brauchen. Denn in der virtuellen Welt sind Fehler kaum wieder
zu korrigieren. Dies würde jedoch bedeuten, Millionen von Nutzern in der
konfliktsensitiven und achtsamen Nutzung sozialer Medien zu schulen. Dies ist sicherlich
kein Prozess der von heute auf morgen geschehen kann. Er kann seinen Anfang
jedoch in der intensiven Förderung von Medienkompetenz in Schule und Ausbildung
nehmen.
Eine
weitere und aus meiner Sicht tragfähigerer Ansatz für den Moment besteht darin,
die klassischen journalistischen Medien als Korrektiv zu nutzen. Denn in der
Regel ist in diesen journalistische Kompetenz gepaart mit gesellschaftlichem
Verantwortungsbewusstsein vorhanden. Aber auch dort muss in vielen Bereichen
eine neue Art des Umgangs mit Bildern und Nachrichten, die aus den sozialen
Netzwerken stammen, erst entstehen. Denn die zentrale Fragestellung, wie im
Fall des Anti-Muslim auf Youtube ist, ob sie durch die Berichterstattung über
das Ereignis nicht neues Öl ins Feuer gießen und die Aufmerksamkeit erst darauf
lenken.
Vieles
spricht meiner Meinung nach dafür – auch wenn dies im Hype um Neue Medien
vielleicht konservativ klingen mag – weiterhin journalistische Medien mit der
Auswahl und der Verbreitung von Nachrichten zu betrauen. Journalistische Medien
verfügen in der Regel nicht über das Interesse an kurzfristiger
Skandalisierung, ausgenommen vielleicht die Yellow-Press. Immerhin sind sie an
Codes und Standesrichtlinien gebunden und es gibt Institutionen, die dies überwachen.
Der Blogger oder private Facebook-, Flickr und Youtube-Nutzer muss in der Regel
keine Konsequenzen für sein Posting fürchten, sofern ihm nicht strafrechtlich
relevante Handlungen wie Völkerverhetzung nachgewiesen werden können. Der stete
Fluss an Bildern ins und aus dem Netz wird sich damit jedoch auch nicht
kontrollieren lassen. Aber vielleicht lassen sich negative Aspekte minimieren
und Konflikte, die aus dem unbedachten Nutzen entstehen verhindern oder
bewusste Provokationen abmildern.
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