Würde man den Abgesang des
Fotojournalismus einleiten wollen, es gäbe sich wohl kaum eine bessere
Gelegenheit, als die immer wiederkehrenden Zusammenstellungen von
Jahresrückblicken in Bildern um Weihnachten und Silvester durch deutsche
Tageszeitungen. Meist wahllos und ohne Wissen über Fotografie und das
journalistische Bild werden dafür Agenturfotografien miteinander kombiniert. Am
Beispiel „Das Jahr im Bild“ der Frankfurter Rundschau soll dies hier kurz
aufgezeigt werden.
Der Jahresrückblick im Bild bei der Frankfurter Rundschau |
Die Frankfurter Rundschau
publizierte ihre Serie zwischen dem 21.12 und 24.12. in den Rubriken Politik,
Wirtschaft und Sport. Aufgrund der besonderen Bedeutung des Themas Flucht im
vergangenen Jahr, wurde extra die Rubrik Flüchtlinge dazugepackt. Die einzelnen
Rückblicke wurden in der Mitte der Zeitung positioniert, was das Ausnutzen
einer Doppelseite über die Falz hinweg ermöglichte. Die Bilder stammten
allesamt von Agenturen, zur großen Mehrheit von der französischen Agentur AFP
und der russischen Agentur rtr.
Schaut man sich die
Übersicht an, so fallen mehrere Dinge auf. Zum einen bleibt unklar, was die
Kriterien sind, nach denen die Bilder ausgewählt wurden. Die Vermutung liegt
zwar nahe, dass es um die wichtigsten Ereignisse des Jahres geht. Aber da
einige Ereignisse fehlen, kann dies nicht das zentrale Kriterium gewesen sein.
Ebenso wenig kann die Prägnanz einzelner Bilder der Grund gewesen sein, da
viele aus fotografischer Sicht mangelhaft sind. Es finden sich angeschnittene
Personen oder nichtssagende Situationen.
Traurig an der
Zusammenstellung ist, dass hier relativ viel Platz dem journalistischen Bild
gewidmet wird, ohne dass dessen Qualitäten zum Tragen kommen können. Damit wird
die Doppelseite zu einem gewissen Grad belanglos. Der viele Platz wird hier
verschenkt. Was sich hier bemerkbar macht ist die Tendenz des
Onlinejournalismus, Artikeln durch Bildergalerien Mehrwert zu verleihen. Auch
dort sind es meistens wahllos kombinierte Bilder verschiedener Agenturen.
Was fehlt, ist Mut und eine
Handschrift einer Bildredaktion, über eine besondere Bildauswahl oder die
Konzentration auf bestimmte politische Aspekte oder eine oder mehrere
Fotografen ein Statement zu setzen und dem qualitativ hochwertigen
Fotojournalismus eine Chance zu geben. Vorbei sind die Zeiten, als die FR in ihrem Magazin jede
Woche neue Fotografen vorstellte, die Ute Noll als Bildredakteurin ausgewählt
hatte. Da hatte die Fotografie eine Glanzstunde im Zeitungsjournalismus, die
bis heute unerreicht ist.