Publizistische
Medien befinden sich in einem rasanten Wandel, der große Bedeutung für die
Veröffentlichung dokumentarfotografischer Arbeiten hat. „Many are also
acknowledging that conventional media no longer be the best publishing venues –
print magazines, for example, do not constitute the photographers’ paradise
they once sometimes did“ so James Richtin in seinem Essay „Bending the Frame“
aus dem Jahr 2013. Reportagen die früher in bekannten Magazinen wie dem New
York Times Magazine, dem Rolling Stone, Paris Match oder Life erschienen,
erreichten dort zu Hochzeiten 6- bis 7-stellige Leserzahlen. Davon sind die
Auflagen der Magazine, die noch auf dem Markt sind, weit entfernt. Darüber
hinaus hat sich die Anzahl der Seiten die für eine Strecke zur Verfügung
gestellt wird immer weiter reduziert.
Wenn
dies eine in der professionellen Fotografie allgemein geteilte Auffassung ist,
stellt sich automatisch die Frage, wer heute das Publikum für die
Dokumentarfotografie ist, über welche Medien und Formate dieses erreicht wird
und wo dieses zu finden ist. Dabei sind sich vermutlich alle einig, dass diese
Form der Fotografie um ihrem Charakter
als gesellschaftspolitisch relevantem Medium gerecht zu werden, eine
Öffentlichkeit braucht. Darüber hinaus brauchen vor allem
dokumentarfotografische Arbeiten Platz, um ihre Wirkmächtigkeit zu entfalten.
Die Herstellung von Öffentlichkeit bedeutet, die fotografischen Arbeiten in
einen größeren Kontext zu stellen und in den politischen, sozialen und
kulturellen Diskurs einzubinden. Dies entspricht dem Interesse vieler Dokumentarfotografen, mit ihren Projekten
Geschichten erzählen und damit in die Gesellschaft hinein wirken zu wollen.
Aber
nur noch wenige publizistische Medien wie beispielsweise das Special-Interest
Magazin Mare erlauben das Abdrucken längerer Geschichten, die einem Autor
zugeordnet werden können. Viele werden als Alternative das Internet nennen.
Aber hier gibt es mit wenigen Ausnahmen wenig hochkarätige Formate, wo
dokumentarische Arbeiten einer Magazinstrecke ähnlich gewürdigt werden. Auch
wenn einzelne Bilder und Arbeiten möglicherweise mehr Klicks als früher
bekommen, ist die Frage ob die Aufmerksamkeit für die Strecken letztlich nicht
geringer ist. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Fotografen auf
Fotografiefestivals, Fotobücher und Ausstellungen ausweichen. Viel davon findet
jedoch in kleinen Galerien statt, die vor allem von Mitgliedern der eigenen
Profession sowie einer spezialisierten Szene wahrgenommen werden. Und auch wenn
Fotofestivals wie das Lumix Festival für jungen Fotojournalismus im Jahr 2014
Besucherrekorde mit über 35.000 Menschen feiern, ist dies im Vergleich zur
Auflage gedruckter Medien immer noch recht wenig. Darüber hinaus ist ein
Großteil der Besucher Teil der Szene.
Dagegen
ist natürlich nichts einzuwenden. Aber daraus leitet sich die Frage ab, ob das
Zeigen dadurch nicht einen immer stärker einen selbstreferentiellen Charakter
bekommt. Natürlich veröffentlichen einige der Fotografen aus der Szene auch in
Massenmedien, wo ihre Bilder eine weite Verbreitung erfahren. Oft handelt es
sich dabei jedoch um ein Einzelbild eines größeren Werkkomplexes oder einer
längeren Recherchereise, welches dann in der New York Times oder auf Spiegel
Online abgedruckt wird. So sehen die Kundenlisten vieler Dokumentarfotografen
grundsätzlich beeindruckend aus: NYT, SZ, Spiegel, ... Aber zu fragen ist, ob
mit dem was die Fotografen erzählen wollen, sie dort zum einen das richtige
Forum bekommen und sie zum anderen das richtige Publikum treffen. Treffender
wäre es vermutlich sich einzugestehen, dass das Publikum für diese Arbeiten
vergleichsweise klein ist und dass nur wenige Arbeiten eine größere
Breitenwirkung erfahren. Dies hat zur Folge, als dass man die Frage stellen
muß, wie groß die gesellschaftliche Relevanz der Dokumentarfotografie in dem
Sinne ist, als dass sie Impuls gebend und Diskurse prägend ist. Im Vergleich
mit anderen medialen Erzähl- und
Darstellungsformen vermutlich leider nicht mehr allzu groß.
Richtin, Fred (2013): Bending the Frame:
Photojournalism, Documentary, and the Citizen, New York: Aperture, S. 40.
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