Wer erzählt was über wen? Wer hat das Mandat, Bilder
zu machen und diese zu vertreiben? Was sind relevante Bilder und Perspektiven,
was nicht? All dies sind Fragen, die seit vielen Jahren die Fotokritik
begleiten und vor allem, wenn es um Bilder aus außereuropäischen Regionen geht,
auch aus einer post-kolonialen Perspektive große Relevanz haben. Von daher
sollte grundsätzlich jeder Ansatz willkommen geheißen werden, der
nicht-westliche fotografische Perspektiven präsentiert.
In dieser Hinsicht bieten
der Herbst und Winter einige spannende Optionen. Während in Berlin noch bis zum
12. November in der Galerie FhochDrei der Gesellschaft für Humanistische
Fotografie (GFHF) der Blick auf zeitgenössische Fotografie aus der Türkei
gerichtet wird – unter anderem mit Bildern des sehr spannenden und vielseitigen
Fotografenkollektives NarPhotos – zeigt das Prager Dox Center for Contemporary
Art die Ausstellung "Over my Eyes: Stories from Iraq" mit Arbeiten
irakischer Fotografen. Das Dox Center hat bereits 2014 mit der Ausstellung
"This Place" einen ungewöhnlichen fotografischen Blick auf
Israel/Palästina gelegt.
Die aktuelle, noch bis Anfang Januar 2018 Ausstellung
zeigt vor allem Arbeiten von Fotografen der 2009 gegründeten irakischen Agentur
Metrography. Konzipiert wurde die Ausstellung von DARSTprojects, einem Projekt
zur Förderung zeitgenössischen dokumentarischen Erzählens, unter Leitung der
italienischen Fotografen Stefano Carini und Dario Bosio, die beide einige Jahre
als Bildredakteure für Metrography arbeiteten. Bildlich und inhaltlich erzählt
die Ausstellung vom Alltag der Menschen abseits tagesaktueller Medienereignisse
und gibt damit den Blick auf einen anderen, weniger bekannten Irak frei.
Ein wichtiges Element der
Ausstellung ist auch das interaktive Onlineprojekt "Map of
Displacement". Über zwölf Geschichten wird die Situation irakischer
Binnenflüchtlinge erzählt, deren Flucht vor allem vom Krieg gegen den
Islamischen Staat ausgelöst wurde und deren Zahl mit bis zu 3 Millionen
angegeben wird. "Map of Displacement" ist eine Kollaboration zwischen
den Fotografen von Metrography, dem Editorial-Team der Agentur sowie
verschiedenen Textern aus der ganzen Welt.
Für die Vernissage im September wurden
die an der Ausstellung beteiligten Fotografen wurden die Fotografen nach Prag eingeladen. In
diesem Zusammenhang ist spannendes Hintergrundmaterial entstanden. So finden
sich auf dem VIMEO-Kanal des Dox Center for Contemporary Art Interviews mit
einzelnen Fotografen der Ausstellung sowie die Aufzeichnung einer sehr
interessanten Podiumsdiskussion mit allen beteiligten Fotografen sowie den
Kuratoren der Ausstellung.
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