Freitag, 27. Oktober 2017

Fotojournalismus aus lokaler Perspektive


Wer erzählt was über wen? Wer hat das Mandat, Bilder zu machen und diese zu vertreiben? Was sind relevante Bilder und Perspektiven, was nicht? All dies sind Fragen, die seit vielen Jahren die Fotokritik begleiten und vor allem, wenn es um Bilder aus außereuropäischen Regionen geht, auch aus einer post-kolonialen Perspektive große Relevanz haben. Von daher sollte grundsätzlich jeder Ansatz willkommen geheißen werden, der nicht-westliche fotografische Perspektiven präsentiert.

In dieser Hinsicht bieten der Herbst und Winter einige spannende Optionen. Während in Berlin noch bis zum 12. November in der Galerie FhochDrei der Gesellschaft für Humanistische Fotografie (GFHF) der Blick auf zeitgenössische Fotografie aus der Türkei gerichtet wird – unter anderem mit Bildern des sehr spannenden und vielseitigen Fotografenkollektives NarPhotos – zeigt das Prager Dox Center for Contemporary Art die Ausstellung "Over my Eyes: Stories from Iraq" mit Arbeiten irakischer Fotografen. Das Dox Center hat bereits 2014 mit der Ausstellung "This Place" einen ungewöhnlichen fotografischen Blick auf Israel/Palästina gelegt.

Blick in die Ausstellung im Dox Center for Contemporary Art in Prag


Die aktuelle, noch bis Anfang Januar 2018 Ausstellung zeigt vor allem Arbeiten von Fotografen der 2009 gegründeten irakischen Agentur Metrography. Konzipiert wurde die Ausstellung von DARSTprojects, einem Projekt zur Förderung zeitgenössischen dokumentarischen Erzählens, unter Leitung der italienischen Fotografen Stefano Carini und Dario Bosio, die beide einige Jahre als Bildredakteure für Metrography arbeiteten. Bildlich und inhaltlich erzählt die Ausstellung vom Alltag der Menschen abseits tagesaktueller Medienereignisse und gibt damit den Blick auf einen anderen, weniger bekannten Irak frei.

Ein wichtiges Element der Ausstellung ist auch das interaktive Onlineprojekt "Map of Displacement". Über zwölf Geschichten wird die Situation irakischer Binnenflüchtlinge erzählt, deren Flucht vor allem vom Krieg gegen den Islamischen Staat ausgelöst wurde und deren Zahl mit bis zu 3 Millionen angegeben wird. "Map of Displacement" ist eine Kollaboration zwischen den Fotografen von Metrography, dem Editorial-Team der Agentur sowie verschiedenen Textern aus der ganzen Welt.

Für die Vernissage im September wurden die an der Ausstellung beteiligten Fotografen wurden die Fotografen nach Prag eingeladen. In diesem Zusammenhang ist spannendes Hintergrundmaterial entstanden. So finden sich auf dem VIMEO-Kanal des Dox Center for Contemporary Art Interviews mit einzelnen Fotografen der Ausstellung sowie die Aufzeichnung einer sehr interessanten Podiumsdiskussion mit allen beteiligten Fotografen sowie den Kuratoren der Ausstellung.

Discussion with the authors of OVER MY EYES from DOX Centre for Contemporary Art on Vimeo.


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