In der massenmedialen Kommunikation zirkulieren
Unmengen von Bildern in den unterschiedlichsten Kontexten, ohne dass in der
Regel für den Betrachter die dahinter stehenden Produktionsroutinen sichtbar
werden würden. Damit verbunden sind Fragen danach, warum welche Ereignisse
welche Bedeutung bekommen und wie diese bildnerisch dargestellt werden. Der
Versuch, diesem in Form einer medienreflexiven Ausstellung auf den Grund zu
gehen, haben Mitglieder der Gruppe Migrant Image Research Group unternommen.
Die Arbeit des Kollektivs,
ist im Rahmen der Biennale für aktuelle Fotografie in der
Rhein-Neckar-Region als Teil der von Florian Ebner kuratierten Ausstellung
"Was sagt die Einstellung über die Einstellung?" zu sehen. Hinter der
Migrant Image Research Group verbergen sich verschiedene Fotografen wie Armin
Linke und Jan Wenzel sowie Wissenschaftler wie Estelle Blaschke die unter
Federführung von Anne König und Armin Linke kritisch die Prozesse der Bildkommunikation
über die sogenannte "Flüchtlingskrise" untersuchen. Ein Großteil des
Recherchematerials wurde im Rahmen eines von Armin Linke geleiteten
Forschungsprojekts an der HfG Karlsruhe vor sieben Jahren zusammengetragen.
Für die unter dem Titel
"Lampedusa – Bildgeschichten am Rande Europas" laufende Ausstellungsbeteiligung
im Mannheimer Zephyr hat sich die Gruppe auf Vorschlag des Spector Verlags ästhetisch
für das Format der Graphic Novel bzw. der Zeichnung entschieden. So finden sich
an den Wänden gezeichnete und mit Sprechblasen versehene Gesprächsszenen
verschiedener Akteure wie NGO-Mitarbeiter, Fotografen und Bildredakteure, die
ihr eigenes Arbeiten in Bezug auf das Thema reflektieren. Ergänzt wird dies
durch zahlreiche Videos, in denen einzelne Akteure ausführlich Stellung nehmen.
Ausgangspunkt einer von
Emilie Josso als Graphic Novel übersetzten Reflexion ist ein Bild des
italienischen Fotografen Giuliio Piscitelli, das eine Gruppen von Menschen
zeigt, die einen Sandhügel hintergehen. Dazu finden sich Kommentare wie
"Ich mag dieses Bild, weil es das ikonische, stereotype Bild des
Flüchtlings verschiebt" oder "Ich sag es mal provokant: Wenn wir
einen Teil der Kleidung ändern würden, könnte es aussehen wie ein
Werbefoto". Ähnlich finden sie viele weitere Kommentare unterschiedlicher
Akteure. In den Videos hingegen kommt bspw. ausführlich der italienische, auf
Lampedusa lebende Fotojournalist Maurizio Seminara oder der ägyptische
Bildredakteur Hani Mustafa der Wochenzeitung Al-Ahram Weekly zu Wort.
Was die Ausstellung leistet,
ist der medialen über Bild und Text vermittelten Erzählung über Migration nach
Europa eine neue oder besser gesagt andere Erzählung gegenüberzustellen. Diese
ist auf den ersten Blick informativ und zeigt Hintergründe und Paradoxien des
Prozesses der Bildkommunikation auf, ohne dabei belehrend zu wirken. Gleichwohl
schafft es das Projekt nicht wirklich, die in den Medien ablaufenden Prozesse
schlüssig zu erklären. Vermutlich war dies auch nicht das Ziel des Projektes.
Für
den Herbst hat die Gruppe eine vom Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes
geförderte Veröffentlichung bei Spector Books geplant (ISBN 978-3959051736, 280
Seiten, 28 Euro). Dabei soll es sich um eine ausgeweitete Graphic Novel zur
Reflexion des bildnerischen Umgangs mit Lampedusa und dem Thema Migration
handeln. Man darf darauf gespannt sein.
Aus der graphischen Reflexion von Emilie Jondo in der Mannheimer Ausstellung |
Ähnliche
Beispiele wie die Videos aus der Austellung, finden sich auf dem VIMEO-Kanal
der Gruppe. Dort sind auch mehrere Gespräche mit dem schon erwähnten
Fotojournalist Maurizio Seminara zu sehen.
Maurizio Seminara (02) – Photo Journalist on Lampedusa from Migrant Image Research Group on Vimeo.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen