Wie unterschiedlich die politische Situation in Israel und
den palästinensischen Gebieten in Kunstausstellungen reflektiert wird und auf
welche Metaphern dabei zurückgegriffen wird, zeigen zwei Ausstellungen die zur
Zeit in Jerusalem und Ramallah zu sehen sind. Die Ausstellung „No Man’s Land“
im Jerusalem Artist House zeigt Arbeiten israelischer und internationaler
Künstler, die Ausstellung „Keep an Eye on the Wall“ im Deutsch-Französischen
Kulturzentrum in Ramallah dagegen Arbeiten palästinensischer und eines
deutschen Fotografen. Während „No Mans Land“ eher allgemein auf den Begriff des
Niemandslands rekuriert und von allen Seiten betrachtet, bezieht sich „Keep an
Eye on the Wall“ direkt auf die israelische Sperranlage als Objekt
künstlerischer Auseinandersetzung.
Blick in die Ausstellung in Ramallah |
Die in Jerusalem zu sehende Ausstellung „No Man’s land“
wurde von Marie Shek kurariert und zeigt 9 Arbeiten, darunter Installationen,
Malerei, Fotografie und Videoarbeiten, die auf unterschiedliche Art und Weise
Grenzräume und Übergänge thematisieren, mal mehr, mal weniger politisch.
Interessant aufgrund ihrer politischen Positionierung sind vor allem die
gezeigten Foto- und Videoarbeiten, insbesondere diejenigen, die sich auf den
lokalen Kontext beziehen. Der israelische Künstler Assaf Shoshsan z.B. zeigt
einen 8-minütigen Film auf dem aus einer festen Kameraposition ein Beduinenzelt
gefilmt wird, in dass immer mehr Menschen strömen, ohne dieses wieder zu
verlassen und thematisiert damit den vom israelischen Staat erzwungenen Stop
der Wanderungsbewegungen der Beduinen. Der israelische Fotograf Ohad Matalon
hat ebenfalls im Süden Israels in der Negevwüste geheime israelische
Militäreinrichtungen fotografiert, die als als Schwarz-Weiß Negativbild digital
an die Wand projiziert werden. Der Charakter des Verbotenen wird hier durch die
Ästhetik des Negativbildes verstärkt. Großformatige Prints der israelischen
Künstlerin Ariane Littmann zeigen Bilder aus einer Fabrik in der
Schutzausrüstung für die US-Truppen im Irak gefertigt wurde. Hinter einem
orangenem Vorhang, welcher der Arbeit die Farbigkeit gibt, beobachtete sie
einen Schweißer der an geheimen Rüstungsprojekten arbeitete.
Gemeinsam ist diesen Arbeiten, dass sie sehr konzeptionell
ausgerichtet sind und die politische Botschaft sich erst durch den Text erschließt. Kritik an den herrschenden
Verhältnissen in Israel wird nur über Umwege geäußert. Schade ist, dass das
Thema Niemandsland in seiner direkten Bedeutung nicht thematisiert wird. Denn
gerade die Grenzregionen zwischen Israel und dem Gazastreifen oder die von der
Sperranlage geschaffenen, sogenannten „Seamzones“ hätten sich dafür
hervorragend geeignet. So ist Niemandsland ein gutes Beispiel für eine vergeistigte,
konzeptionelle Ausstellungskultur, wie sie nicht nur in Israel Gang und Gebe
ist. Das Politische verschwindet hier im Subtext. Somit richten sie auch keinen
Schaden an, schockieren nicht und stehen auf gewisser Weise für die
Entpolitisierung der israelischen Gesellschaft und die Ausblendung des
Konflikts mit den Palästinensern.
Einen ganz anderen Ansatz wählt die Ausstellung „Keep an Eye
on the Wall“. Aus dem gleichnamigen, bei Saqi Books in London erschienenen
Buch, wählten die Kuratoren Sandra Monac und Monica Santos die als Masasam
firmieren 5 Arbeiten aus, vier palästinensische, eine deutsche. Der aus Gaza
stammende und in Frankreich lebende Künstler Taysir Batniji zeigt direkt
gegenüber dem Eingang der Galerie in einem zu einer Seite offenen Raum eine
Wandinstallation mit Bilder von Graffitis auf den Wänden in Gaza. An den
Außenseiten des Kubus sind drei Bilder von Kai Wiedenhöfer der Mauer zwischen
Israel und der Westbank im Panoramaformat zu finden. An den beiden Stirnseiten
der Galerie finden sich Bilder der jungen palästinensischen Künstlerin Raeda Sadeh,
in denen sie sich methaporisch mit der Mauer beschäftigt. Berührend ist vor
allem ihr inszeniertes Porträt eines weiblichen Engels vor der Mauer. Zwei
weitere Arbeiten, die die Außenwände zieren, sind eine Serie der Jerusalemer
Fotografin Rula Halawani mit Bildern von Toren in der Sperranlage rund um
Jerusalem mit der sie auf die Parallelität zu den Stadttoren Jerusalems
hinweist, Titel „Gates of Heaven“, sowie Arbeiten aus der Serie „Disturbia and
Metamorphosis“ des in Berlin lebenden Künstlers aus Ost-Jerusalem Steve
Sabella.
Bei „Keep an Eye on the Wall“ fragt man sich, warum hier zum
wiederholten Mal die Mauer bzw. die Sperranlage als Referenz für die
künstlerische Auseinandersetzung herhalten muss. Visuell gesehen bringt dies
nur wenig Neues. Vermutlich erklärt es sich daraus, dass die Initiatoren des
Projekts aus Europa kommen. Was hier zu beobachten ist, ist dass die Verbindung
künstlerischer Produktion in und über die palästinensischen Gebiete sich mit
der Nutzung eines visuellen Klischees verbindet. Dies ist schade, zeigt doch
gerade die Arbeit von Raeda Sadeh, wie die Mauer zwar Referenzpunkt ist, aber
auch zu einer sehr viel tiefgründigeren Auseinandersetzung führen kann. Fragt
sich, ob auch lokale Kuratoren die Mauer in den Vordergrund gestellt hätten. Zu
begrüßen ist, dass dank des Goethe-Instituts dieses Projekt in die Westbank
getragen wurde und damit auch eine Auseinandersetzung über dieses mit
palästinensischen Künstlern und Kuratoren ermöglicht wird.
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