Im Juni zeigte sich wieder
einmal warum sich Berlin mittlerweile zur heimlichen Fotografiehauptstadt
Deutschlands, wenn nicht gar Europas gemauschelt hat. Drei hervorragende
Ausstellungen sind bzw. waren bis vor kurzem zu sehen, die sowohl durch die
Verschiedenheit ihrer fotografischen Ansätze als auch die Vielfalt der
Ausstellungsorte bestechen, an denen sie zu sehen sind. Darunter sind die
Ausstellung von Zanehe Muholi im Schwulen Museum, von Herlinde Koelbl im
Deutschen Historischen Museum und von Hans-Christian Schink in der
Alfred-Ehrhardt-Stiftung. Im Folgenden ein kleiner Streifzug durch Berlin und
die Werke der Fotografen.
Unscheinbar in einem
Ladenlokal in der feinen Auguststrasse in Berlin Mitte liegen die Räume der
privaten Alfred-Ehrhardt-Stiftung. Gegründet um den Nachlass des
Naturfotografen Alfred-Ehrhardt zu verwalten zeigt die Stiftung neben
Ausstellungen aus dem Nachlass ein hervorragend kuratiertes Programm zur
fotografischen Auseinandersetzung mit der Natur. Bis Ende Juni war dort die
Ausstellung Tohoku von Hans-Christian Schink zu sehen. Schink setzt sich darin
mit der zerstörten Küstenlandschaft Japans nach dem Tsunami auseinander. Die
Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Forum für Fotografie in Köln und war
zur gleichen Zeit dort zu sehen. Im linken Teil der Galerie sind drei
quadratische Prints Schinks zu sehen, welche die winterliche, teils verschneite
Küstenlandschaft zeigen. Poetisch und zurückhaltend zeigt sich hier die große
Kraft von Schinks Naturfotografien. Im zweiten Raum der Galerie reihen sich
Aufnahmen zerstörter Gebäude aneinander. Stark sind diese, wenn sie einen
Schritt zurücktreten und die Gebäudereste in der Landschaft zeigen. Dann wird
deutlich, mit welch unglaublicher Kraft der Tsunami ganze Häuser versetzt und
Küstenareale leergefegt hat.
Bisher weniger als Zentrum
für Fotografie in Erscheinung getreten ist das Deutsche-Historische Museum,
zentral an der Prachtstrasse Unter den Linden gelegen. Noch bis zum Oktober ist
dort die Ausstellung „Targets“ der deutschen Fotografin Herlinde Koelbl zu
sehen. Die Arbeiten werden in den tollen Ausstellungsräumen des Museumsneubaus
gezeigt. Mit „Targets“ widmet sich Koelbl, die sich einen Namen vor allem durch
ihre fotografischen Portraits gemacht hat, Truppenübungsplätzen und
Schießständen auf der ganzen Welt. Fast 30 Länder auf verschiedenen Kontinenten hat sie
bereist. Im 1. Stock sind vor allem großformatige Bilder von Schießständen zu
sehen, im 2. Stock finden sich Bilder von militärischen Trainingsgeländen.
Kombiniert werden diese Bilder mit Porträts von Soldaten und Zitaten aus
Interviews, die die Fotografin mit Soldaten führte. Weniger die fotografische
Qualität der Bilder – es zeigt sich dass Koelbl weniger Erfahrung mit
Landschaft als mit Studio- und Porträtfotografie hat – als das Konzept
überzeugen. Dem militärischen Training und deren Parallelen über die Grenzen
hinweg auf die Spur zu kommen ist ein interessanter Ansatz. Erschreckend ist zu
sehen, wie sich an der Anlage der Übungsorte die Feindbilder der Epoche
erkennen lassen, wenn z.B. us-amerikanische und israelische Retortenstädte von
Minaretten überragt werden. Am schwächsten sind die Porträts, bei denen man
sich fragt, was die Intention dabei ist einzelne Gesichter mit einer
Nationalität zu konnotieren.
Eine weitere herausragende
Fotoausstellung war bis Ende Juni im Schwulen Museum zu sehen, das sich in der
Nähe des Tiergartens in der Lützowstrasse befindet. Das Museum widmete der
südafrikanischen Fotografin Zanele Muholi eine umfangreiche Einzelausstellung.
Die Ausstellung zeigt Muholis fotografische Auseinandersetzung seit den 1990er
Jahren mit der ‚schwarzen‘ queeren, v.a. lesbischen Community in Südafrika und
anderen afrikanischen Ländern. Zu sehen sind Porträts aus verschiedenen Schaffensphasen.
Darüber hinaus sind zwei Video-Arbeiten zu sehen. Herausragend ist vor allem
die in Farbe fotografierte Arbeit „Beeing series“ (2007) in denen Muholi den
Alltag lesbischer Beziehungen zeigt. Toll ist, dass in den Porträts, die auch
Nacktaufnahmen einschließen, der voyeuristische Blick, sexistische Blick der
aus weiblichen Aktfotografien nur zur Genüge bekannt ist, völlig abwesend ist.
Die Ausstellung ist in Kooperation mit Amnesty International entstanden und
zeigt damit die politische Bedeutung von Muholis Fotografie für den Kampf der
LGBT Community für Menschenrechte in Afrika. An den Arbeiten wird deutlich, wie
die Fotografie den Rahmen heteronormativer Geschlechterordnungen sprengen und
in neue Formen visueller Repräsentation übertragen kann
Links zu den Institutionen und Ausstellungen:
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