Samstag, 25. Oktober 2014

CHANGING Realities im U-Bahnhof


Als ich vergangene Woche am Berliner Alexanderplatz aus der U8 stieg, um mir die Ausstellung „CHANGING Realities“ der Berliner Gesellschaft für Humanistische Fotografie anzusehen, die dort im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie gezeigt wird, war ich zu erst einmal verloren. In Erwartung einer Ausstellungspräsentation auf dem Bahnsteig, die ich nicht vorfand, verließ ich den Tunnel, um nacheinander alle anderen Bahnsteige am Alex abzuklappern, bevor ich mich an einen BVG-Mitarbeiter wendete. Der wies mich dann darauf hin, dass die Bilder auf den Plakatwänden hinter den Gleisen hängen würden. Damit ist ein spannender  Moment angesprochen, der Teil der Ausstellungskonzeption ist. Was die Ausstellung schafft, ist die Konfrontation mit unseren Sehgewohnheiten und unserer Konditionierung von Seherwartungen und wurde mir exemplarisch zum Verhängnis.


Blick in die Ausstellung - @ GfHF

„CHANGING Realities“ nutzt die Werbeflächen auf den normalerweise dem kapitalistischen Konsum gehuldigt wird, als Ausstellungsfläche. Jede der 18 Arbeiten, die in einem Wettbewerb von über 160 Einreichungen ermittelt wurden, ist mit einem die Werbetafel ausfüllenden Bild vertreten. So ist es zu erst ein Mal die schiere Größe der Bilder die beeindruckt. Eigentlich sind alle gezeigten Arbeiten umfangreiche Fotostrecken, die auf der Webseite des Projekts (www.changingrealities.de) einsehbar sind. Die Tafeln funktionieren als Fenster und versehen mit kurzen Texten erzählen sie 18 verschiedene Geschichten, über ein anderes Europa der Utopien und der sozialen Kämpfe. Die Themen reichen von der Lampedusa Gruppe in Hamburg, über eine Kommune in Estland bis Widerstand gegen Stuttgart 21. Etwas verwirrend ist, dass die Präsentation, unterstützt durch das Layout und die Sponsorennennung, sich so perfekt in die Werbetafeln einfügt, dass man die Ausstellung erst auf den zweiten Blick von klassischer Werbung unterscheiden kann. Verweilt man jedoch einen Moment auf dem Bahnsteig, so wird man Gewahr, dass die Wartenden die Bilder mit größerer Aufmerksamkeit betrachten, als es in der Regel den Konsumanreizen vergönnt ist. Somit schafft „CHANGING Realities“ einen tollen Sprung vom White Cube einer Galerie hinein ins Leben und den Alltag der Menschen und ist damit selbst Beispiel für die Möglichkeit Realitäten zu verändern. Diesen Mut wünscht man mehr Fotoprojekten.

Die Ausstellung ist noch bis 3. November zu den Öffnungszeiten der U-Bahn auf dem Bahnsteig der U8 am Alexanderplatz zu sehen. „CHANGING Realities“ ist ein Projekt der Berliner Gesellschaft für Humanistische Fotografie und wurde von Katharina Mouratidi kuratiert.

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