Vergangene Woche eröffnete im Essener Folkwang Museum
die Ausstellung „Conflict, Time, Photography“. Kaum ein Feuilleton, dass in den
vergangenen Tage die Schau nicht rezensiert hätte. Selbst die Tagesschau der
ARD brachte am vergangenen Donnerstag zur Prime-Time einen kurzen Einblick in
die Ausstellung. Konzipiert wurde die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der
Tate Modern in London und der Staatlichen Kunstsammlung in Dresden und ist in
Essen noch bis zum 5. Juli zu sehen.
Beeindruckend ist die Schau
zunächst ein Mal aufgrund der Zahlen. In 13 Räumen sind 125 fotografische
Arbeiten zum Thema Krieg und Konflikt zu sehen. Dabei nimmt die Ausstellung für
sich in Anspruch, nicht die Geschichte der Kriegsfotografie erzählen zu wollen,
sondern eine neue und unkonventionelle Perspektive auf die Bildgeschichte des
Krieges zu eröffnen. Das Ordnungsprinzip der Ausstellung ist der Zeitpunkt der
Rückschau, der Moment, an dem die fotografische Arbeit entstand, vom Moment
danach bis zu Jahrzehnten später.
Versammelt sind in Essen
Werke der bekanntesten zeitgenössischen Fotografen, von Don Mc Cullin über Luc
Delahaye bis hin zu Stephen Shore, aber auch Frühwerke der Kriegsfotografie
beispielsweise von Roger Fenton. Im Vordergrund steht die Auseinandersetzung
mit den Kriegsfolgen, den Spuren von Gewalt und Zerstörung auf die Landschaft
und die Architektur. Es sind eher dokumentarische als fotojournalistische
Arbeiten, eher künstlerische als erzählerische Arbeiten zu sehen. Die
Augenzeugenschaft vor allem journalistischer Kriegsfotografie, ist
weitestgehend abwesend. Stattdessen wird der Moment danach inszeniert, wie in
den großformatigen Arbeiten von Luc Delahaye während der Zeit der westlichen
Interventionen in Irak oder Afghanistan im Krieg gegen den Terror.
Über allem schwebt das
kuratorische Konzept, der Blick auf den Krieg aus unterschiedlicher zeitlicher
Distanz. Den Arbeiten selbst sieht man nicht an, in welchem Abstand zum
Ereignis sie aufgenommen wurden, was beispielsweise am Grad der Reflexion sichtbar werden
könnte. Was sich ändert sind natürlich die dargestellten Gegenstände, weil die
Ruinen der alliierten Flächenbombardements natürlich nur Wochen und Monate
später, nicht jedoch Jahrzehnte später zu finden sind. So macht sich die
Fotografie dann auf die Suche nach anderen Spuren, den Spuren von NS-Bauten
oder Denkmälern.
Natürlich gibt es auch in
dieser Ausstellung Höhepunkte. Erschreckend ist das Bild von Eiichi der
eingebrannten Silhouette eines Wachsoldaten an der Wand nach dem Atombombenabwurf
in Hiroshima. Verstörend ist das Bild „Patio Civil“ von Luc Delahaye. Er
fotografierte ein Massengrab aus dem Bürgerkrieg in Spanien, das aufgrund der
Zweidimensionalität und der Übergröße an klassische Gemälde erinnert. Toll ist
die Intervention im öffentlichen Raum von Emeric Lhuisset im Nordirak als Hommage an
den getöteten kurdischen Schriftsteller Sardasht Osman. Er hängte nicht
fixierte SW-Abzüge von Osman in die Straßen die innerhalb von wenigen Stunden
schwarz wurden und damit zu einer Anklage mutierten.
Im vergangenen Jahr
veröffentlichte der deutsche Fotograf Christoph Bangert sein vieldiskutiertes
Buch „War Porn“. Seine Kritik ist, dass Redaktionen zu wenig das Leid und die
Gewalt im Krieg zeigen. Ähnliches gilt für die Essener Schau. Was der Betrachter
hier zu sehen bekommt, ist zu weiten Teilen der distanzierte Blick auf den
Krieg, ein cleaner, künstlerischer und irgendwie auch künstlicher Blick auf
Gewalt und Zerstörung. Zumindest die Chance auf radikale Nachdenklichkeit, wie
es das Museum Folkwang für sich in Anspruch nimmt, wird damit vertan.
Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Juli zu sehen. Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 - 18 Uhr geöffnet, Donnerstag und Freitag bis 20 Uhr.
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