Montag, 26. Juni 2017

"Das rechte Bild zur rechten Zeit"


Die akademische Ausbildung von Fotografen und Fotografinnen hat in Deutschland eine lange Tradition. Eine der ersten Hochschulen, die Anfang der 1970er Jahre den Studienschwerpunkt Foto-Design anbot, war die Fachhochschule Dortmund. Zu einer ähnlichen Zeit entstanden in Deutschland auch neue Journalistikstudiengänge, unter anderem an der TU Dortmund. Im Gespräch mit Felix Koltermann für das BFF Magazin reflektieren mit Prof. Dr. Claus Eurich, seit 1976 Kommunikationswissenschaftler an der TU Dortmund sowie Prof. Kai Jünemann, seit 2015 Professor für Werbefotografie an der FH Dortmund, zwei Generationen von Hochschullehrern die Bedingungen zeitgenössischer Fotografieausbildung.



FK: Der Markt ist überfüllt, Amateure machen den Profis in vielen Bereichen Konkurrenz, es gibt die Rede von der "Bilderflut". Warum soll man in dieser Situation noch Fotografen ausbilden?

KJ: Genau aus dem Grund wahrscheinlich. Weil wir mehr Bilder brauchen und mehr Bilder nutzen als vorher und deshalb verstärkt Lernen müssen, diese Bilder zu lesen und zu bestimmen um eine bessere Bildkompetenz zu entwickeln. Ich finde es erschreckend, wie schnell teilweise von ambitionierten Amateuren, aber auch von Studierenden und Profis, Bilder auf den Markt geschmissen werden, ohne sich wirklich Gedanken darüber zu machen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Markt wirklich kleiner geworden ist oder einfach breiter in die Masse geht und dadurch bestimmte Auftragsvolumen kleiner geworden sind.

CE: Es gibt da eine Parallelität zur Diskussion im Journalismus. Wir haben auch da eine Grenzverschiebung dessen was professioneller Journalismus ist und was es, verbreitet durch die sozialen Netzwerke, an "Informationsschrott" auf dem Markt gibt. Für die Nutzer und Nutzerinnern wird es dabei immer schwieriger zu unterscheiden, was Qualität ist und was nicht. Als professionelle Ausbilder – und das ist glaube ich im Bereich der Fotografie ähnlich – erinnert uns das daran, uns noch mehr auf die Qualitätsstandards zu besinnen. Wir müssen uns davor hüten, mit dem Strom zu schwimmen und Stück für Stück nachzugeben, nur weil es scheinbar eingefordert wird.

Das vollständige Interview ist im BFF Magazin #7 "Perspective Snapshots" zu lesen, das im Buchhandel oder direkt beim Berufsverband Freie Fotografie und Filmgestalter erhältlich ist.

Donnerstag, 22. Juni 2017

Von der Fotografie als Protest


Der israelisch-palästinensische Konflikt ist nicht nur einer der am längsten schwelenden internationalen Konflikte, er ist auch ein – häufig sehr umstrittenes – Thema der Nachrichten, insbesondere wenn es um Bilder geht. Oft geht es dabei um die Frage, wo Dokumentation aufhört und wo Aktivismus beginnt, wie subjektiv die Fotografen sein dürfen und ob Bilder manipuliert wurden. Einen klaren Punkt in dieser Debatte setzt das Buch "Activestills – Photography as Protest in Israel/Palestine".



Wie der Titel schon verrät, ordnet das im englischen Verlag Pluto Press erschienene Buch die Arbeit des Fotografenkollektivs "Activestills" als eine Form des Protests ein. Dies ist insofern geschickt, als dass damit zum einen ein klares Branding vorgenommen wird, zum anderen bestimmte Fragestellungen bzgl. des Verhältnisses von Subjektivität und Objektivität der Fotografen geschickt umgangen werden. Was die Fotografen des Kollektivs verbindet, ist ihre politische Vision. Angelegt ist dies schon im Gründungsgedanken der Gruppe, die sich im Jahr 2005 rund um die Dokumentation der Protest des palästinensischen Dorfes Bi'lin gegen den Bau der Sperranlage gebildet hat.
 
Im Laufe der 12 Jahre gab es wachsende Konstellationen des Kollektivs. Heute besteht es aus 10 internationalen, israelischen und palästinensischen Fotografen. Verändert hat sich der Fokus der Arbeit, der weg von den wöchentlichen Demonstrationen in der Westbank hin zu sozialen Themen und Kämpfen in Israel sowie zu anderen politischen Themen in Bezug zum israelischen Besatzungsregime ging. Auch die Arbeit des Kollektivs hat sich professionalisiert, bspw. über ein sehr umfangreiches Online-Archiv, ohne dass das Kollektiv sich damit in Richtung einer Foto-Agentur mit Vermarktungszielen entwickelt hätte. So ist die Nähe zu den sozialen Bewegungen und dem zivilen Widerstand ist geblieben, wenn nicht gar durch langjährige gemeinsame Praxis gewachsen.

Das mit 320 Seiten sehr umfangreiche Buch wurde aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Kollektivs publiziert. Auch wenn es viele Fotografien beinhaltet, ist es kein klassisches Fotobuch. Es ist in zwei Teile gegliedert, "Active" und "Stills". In beiden Teilen finden sich zu Beginn eher akademisch zu nennende Texte von versierten Autoren wie Ariella Azoulay, Vered Maimon, Meir Wigoder oder Simon Faulkner über Themen wie das Verhältnis von Protest und Fotografie, alternative Medien und fotografische Archive. Im ersten Teil gibt es dann je einseitige Statements von Aktivisten zur Arbeit des Kollektivs, während der zweite Teil die einzelnen Mitglieder des Kollektivs zu Wort kommen lässt.

Ein Beispiel für die Zirkulation der Bilder von Activestills innerhalb der politischen Bewegungen in der Region.

© Activestills


Innerhalb der publizistischen Landschaft zum Thema Fotografie und Israel/Palästina ist das Buch eine erfrischende Publikation. Geschickt führt es eine Vielzahl von akademischen und politischen Stimmen zusammen und zeichnet auf eindrückliche Weise die Bedeutung des Kollektivs für die sozialen Bewegungen der Region und den zivilen Widerstand gegen die israelische Besatzungspolitik nach. Toll ist zu sehen, wie in diesem Buch Kommentare von Vertretern der verschiedensten Bevölkerungsgruppen der Region Seite an Seite stehen und damit aufzeigen, dass ein gemeinsamer politischer Kampf möglich ist.

Vered Maimon/Shiraz Greenbaum: Activestills – Photography as Protest, London: Pluto Press, 320 Seite, ISBN: 978-0745336695, 24 Euro.

Webseite des Kollektivs: www.activestills.org


Montag, 19. Juni 2017

Autoreninterview zu "Fotoreporter im Konflikt"


Zu meinem im März bei transcript erschienen Buch ist auf der Webseite des Verlags ein kurzes Autoreninterview erschienen, dass ich an dieser Stelle teilen möchte. Es gibt einen kurzen Hintergrund zum Buchprojekt.


Warum ein Buch zu diesem Thema?

Wir sind tagtäglich von journalistischen Bildern umgeben, wissen aber viel zu wenig über deren Entstehungsbedingungen. Dazu kommt, dass der Nahostkonflikt sehr kontrovers diskutiert wird und nicht selten Manipulationsvorwürfe an Medien und vor allem an Bilder aus der Region gerichtet werden. Hier genauer hinzuschauen, erschien mir notwendig.

Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Mein Buch zeichnet sich durch eine doppelte Perspektive auf den Fotoreporter als Akteur aus. Aus einer konfliktwissenschaftlichen Perspektive geht es um den Fotoreporter als Akteur im Konflikt, aus  einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive um den Fotoreporter als Kommunikator. Die Kombination der beiden Perspektiven ermöglicht, fotojournalistisches Handeln im Konflikt umfassend zu diskutieren.

Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?

In aktuellen Debatten um Fotojournalismus und Kriegsfotografie lässt sich eine starke Fokussierung auf das Einzelbild beobachten, wodurch die sozialen Praktiken, die konstitutiv für die zu diskutierenden Bildwelten sind, weitgehend aus dem Blick geraten. Genau diese Praktiken sind Gegenstand meiner Forschung und wurden in Form einer Kommunikatorstudie herausgearbeitet.

Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?

Mit den Protagonisten und Protagonistinnen des Buches, die sich die Zeit genommen haben, mir aus ihrer Erfahrung im internationalen Fotojournalismus in Israel/Palästina zu erzählen.

Ihr Buch in einem Satz:

Die Strukturen des Fotojournalismus und damit auch das Handeln der Akteure ist immer abhängig vom politischen System und dessen Herrschaftsstrukturen.

Wessen Interesse nun geweckt ist und wer einen detaillierteren Einblick in das Buch über den internationalen Fotojournalismus in Israel/Palästina bekommen möchte, der findet unter diesem Link eine kleine Leseprobe.

Freitag, 16. Juni 2017

Vortrag "Fotoreporter im Konflikt"


Auf Einladung der Offenen Fachhochschule der FH Dortmund habe ich am 28. April 2017 über das Thema "Fotoreporter im Konflikt - Der internationale Fotojournalismus in Israel/Palästina" referiert. Der Vortrag fand am Fachbereich Design statt und war gleichzeitig die Vorstellung meiner im transcript Verlag erschienenen Dissertation. Hier findet sich der Vortrag in voller Länger zum Anschauen.