Donnerstag, 22. Juni 2017

Von der Fotografie als Protest


Der israelisch-palästinensische Konflikt ist nicht nur einer der am längsten schwelenden internationalen Konflikte, er ist auch ein – häufig sehr umstrittenes – Thema der Nachrichten, insbesondere wenn es um Bilder geht. Oft geht es dabei um die Frage, wo Dokumentation aufhört und wo Aktivismus beginnt, wie subjektiv die Fotografen sein dürfen und ob Bilder manipuliert wurden. Einen klaren Punkt in dieser Debatte setzt das Buch "Activestills – Photography as Protest in Israel/Palestine".



Wie der Titel schon verrät, ordnet das im englischen Verlag Pluto Press erschienene Buch die Arbeit des Fotografenkollektivs "Activestills" als eine Form des Protests ein. Dies ist insofern geschickt, als dass damit zum einen ein klares Branding vorgenommen wird, zum anderen bestimmte Fragestellungen bzgl. des Verhältnisses von Subjektivität und Objektivität der Fotografen geschickt umgangen werden. Was die Fotografen des Kollektivs verbindet, ist ihre politische Vision. Angelegt ist dies schon im Gründungsgedanken der Gruppe, die sich im Jahr 2005 rund um die Dokumentation der Protest des palästinensischen Dorfes Bi'lin gegen den Bau der Sperranlage gebildet hat.
 
Im Laufe der 12 Jahre gab es wachsende Konstellationen des Kollektivs. Heute besteht es aus 10 internationalen, israelischen und palästinensischen Fotografen. Verändert hat sich der Fokus der Arbeit, der weg von den wöchentlichen Demonstrationen in der Westbank hin zu sozialen Themen und Kämpfen in Israel sowie zu anderen politischen Themen in Bezug zum israelischen Besatzungsregime ging. Auch die Arbeit des Kollektivs hat sich professionalisiert, bspw. über ein sehr umfangreiches Online-Archiv, ohne dass das Kollektiv sich damit in Richtung einer Foto-Agentur mit Vermarktungszielen entwickelt hätte. So ist die Nähe zu den sozialen Bewegungen und dem zivilen Widerstand ist geblieben, wenn nicht gar durch langjährige gemeinsame Praxis gewachsen.

Das mit 320 Seiten sehr umfangreiche Buch wurde aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Kollektivs publiziert. Auch wenn es viele Fotografien beinhaltet, ist es kein klassisches Fotobuch. Es ist in zwei Teile gegliedert, "Active" und "Stills". In beiden Teilen finden sich zu Beginn eher akademisch zu nennende Texte von versierten Autoren wie Ariella Azoulay, Vered Maimon, Meir Wigoder oder Simon Faulkner über Themen wie das Verhältnis von Protest und Fotografie, alternative Medien und fotografische Archive. Im ersten Teil gibt es dann je einseitige Statements von Aktivisten zur Arbeit des Kollektivs, während der zweite Teil die einzelnen Mitglieder des Kollektivs zu Wort kommen lässt.

Ein Beispiel für die Zirkulation der Bilder von Activestills innerhalb der politischen Bewegungen in der Region.

© Activestills


Innerhalb der publizistischen Landschaft zum Thema Fotografie und Israel/Palästina ist das Buch eine erfrischende Publikation. Geschickt führt es eine Vielzahl von akademischen und politischen Stimmen zusammen und zeichnet auf eindrückliche Weise die Bedeutung des Kollektivs für die sozialen Bewegungen der Region und den zivilen Widerstand gegen die israelische Besatzungspolitik nach. Toll ist zu sehen, wie in diesem Buch Kommentare von Vertretern der verschiedensten Bevölkerungsgruppen der Region Seite an Seite stehen und damit aufzeigen, dass ein gemeinsamer politischer Kampf möglich ist.

Vered Maimon/Shiraz Greenbaum: Activestills – Photography as Protest, London: Pluto Press, 320 Seite, ISBN: 978-0745336695, 24 Euro.

Webseite des Kollektivs: www.activestills.org


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