Was unterscheidet den professionellen Fotojournalisten in
Zeiten der Allgegenwart von Smart-Phones und Digitalkameras eigentlich vom
gewöhnlichen Amateur-Fotografen oder Bildproduzenten? Wenn eines der zentralen
Kriterien der Nachrichtenwelt heute die Schnelligkeit ist, die wie auch immer
fotografierte Dokumentation eines Ereignisses, wofür braucht es dann noch
professionelle Fotojournalisten?
Um es gleich vorwegzusagen: es soll hier nicht um eine
Bashing der Fotojournalisten gehen, um einen Abgesang auf ihre Profession. Ich
möchte hingegen ein paar Gedanken zu diesem Berufsstand formulieren, die mir
wichtig erscheinen um diesen weiterzuentwickeln und als relevantes Berufsfeld
zu erhalten. Der Hintergrund dieser Überlegungen liegt in vielen Gesprächen,
die ich im vergangenen Jahr im Rahmen der Recherchen für meine Promotion mit
Fotojournalisten geführt habe.
Dabei ist es mir wichtig, zuerst den Rahmen meiner
Überlegungen zu skizzieren. Vor allem drei Phänomene sind es, die meiner
Ansicht nach große Auswirkungen auf den zeitgenössischen Fotojournalismus
haben. Zum einen der Siegeszug der Digitalkameras. Digitalkameras haben die
Schwelle zum Einstieg in die (semi-)professionelle Fotografie erheblich
gesenkt. Anhand der Kameras ist heute oft nicht mehr unterscheidbar, ob wir es
mit einem Amateur oder einem Profi zu tun haben. Dazu kommen die Smartphones.
Es ist davon auszugehen, dass heute in so gut wie jeder sozialen Situation
mindestens eine Person anwesend ist, die ein Handy mit Kamera besitzt. Damit
ist es auch möglich, von fast allen sozialen Situationen an Bilder zu kommen.
Wenn kein Fotojournalist verfügbar war greifen die Medien auch heute schon auf
Bilder von Smartphone-Benutzern zurück, sofern es sich um ein relevantes
Ereignis und eine als wichtig empfundene (Bild-)Nachricht handelt. Ein dritter
Aspekt ist die Allgegenwart von Bildern. Ob im öffentlichen Raum, in den
U-Bahnen oder dem eigenen PC, ob auf dem eigenen Facebook-Profil oder den
Flickr-Accounts von Freunden. Bilder sind überall und diese Verfügbarkeit lässt
die Wertigkeit von Bildern und das Verständnis für die Notwendigkeit und die
Berechtigung, professionell journalistische Bilder zu produzieren sinken.
Die Frage ist, wie das fotojournalistische Gewerbe sich
demgegenüber positionieren kann. Denn dass eine Positionierung erfolgen muss,
ist sicherlich allen klar, denn nicht umsonst ist das Gerede von der Krise des
Marktes in den letzten Jahren nicht gerade weniger geworden. Natürlich ist es dabei
wichtig, auf die Qualität einzugehen, auf den Unterschied in der Bildgestaltung
und der fotografischen Arbeit von Amateuren und Profis. Denn hier sind
unstreitbar Unterschiede zu finden. Und wenn es über das reine dokumentieren
von Ereignissen hinaus um Features und Dokumentarfotoprojekte geht, haben
natürlich nur noch Profis das Können und das Wissen um diese produzieren zu
können. Aber leider ist dies nur ein kleiner Teil des Marktes, und ein Großteil
der Bilderflut besteht heute aus tatsächlichen oder vermeintlichen
Bildnachrichten, die eben theoretisch auch von Nicht-Profis produziert werden
könnten.
Der zentrale Unterschied zwischen Amateuren und Profis muss
meiner Ansicht nach an der Frage der Haltung festgemacht werden. Oder der
Einstellung, wem dieser Begriff besser passt. Einige mögen hier sofort
aufschreien, und einen Versuch vermuten, durch die Hintertür die
Ideologisierung des Fotojournalismus einzufordern um journalistische Standards
aus dem Fenster zu schmeißen. Weit gefehlt. Es geht mir darum zu erörtern, mich
welchem Wissen, welcher Reflektion der eigenen Arbeit und gesellschaftlicher
Prozesse Fotojournalisten ans Werk gehen sollten. Für den Smart-Phone Besitzer
ist es einfach: Sieht er etwas was er interessant findet, drückt er auf den Auslöser.
Bildethische Fragen, Einschätzungen zu seiner Rolle etc. müssen ihn nicht
tangieren. Er ist Beobachter einer sozialen Situation, die er zufällig
dokumentiert. Anders hingegen verhält es sich meiner Ansicht nach mit dem
Fotojournalisten. Seine gesellschaftliche Aufgabe, aus welchem Grund auch immer
er diese gewählt hat, ist die Produktion von Bildern in einem journalistischen
Kontext. Damit verfügt er auch über eine gewisse gesellschaftliche Macht. Er
sollte sich, anders als der Smart-Phone Benutzer über die Konsequenzen seines
gesellschaftlichen Handelns Gedanken machen. Hier kommt der Punkt der Haltung
hinzu. Haltung bedeutet für mich, dass der Fotojournalist sich seiner
gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist, dass er die Art und Weise wie und
was für Bilder er produziert reflektiert und selbstkritisch ist bezüglich der
Rolle von Bildern in der Gesellschaft. Dies ist natürlich besonders relevant
für die fotojournalistische Arbeit über Konflikte. Aber es spielt letztlich bei
jeder fotografischen Produktion eine Rolle. Deswegen müssen Fotojournalisten
über eine große Bildkompetenz verfügen, über Bild-Wissen hinsichtlich der von
ihnen bearbeiteten Themen. Warum wird wer in Bildern wie dargestellt muss eine
zentrale Fragestellung sein. Dies gilt für die ganze Bandbreite von Themen,
sowohl bezüglich des Afrika-Bildes, als auch der fotografischen Darstellung von
Geschlechterrollen, wie auch dem Umgang mit gesellschaftlicher Diversität.
Journalistische Bilder zu produzieren bedeutet eine Form gesellschaftlicher
Macht, da sie im besten Fall gesellschaftliche Diskurse prägen. Insofern
brauchen Fotojournalisten eine Haltung, mit die sie bezüglich ihrer Arbeit und
ihrer gesellschaftlichen Rolle eine Position beziehen. Damit würden sie sich
zentral von Bilder produzierenden Amateur-Fotografen unterscheiden und könnten
obendrein fruchtbare Impulse bezüglich einer Neu-Ausrichtung
fotojournalistischer Arbeit senden.
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