In der vergangenen Woche hat mich eine Fotografie, die als
Aufmacher zum Artikel „Urlaub im Krisengebiet“ der Deutschen Welle (DW) erschienen ist, stutzig gemacht: das
Bild kam mir sehr bekannt vor. Es ist eine Fotografie des Berliner Fotografen
Sebastian Bolesch, welche auch als Titelbild der Thementage „Krieg erzählen“ des Haus der Kulturen
(HKW) der Welt in Berlin fungiert hat. Nun ist es nichts ungewöhnliches, das
Fotografen ihre Bilder mehrfach verwenden und weiter vermarkten. Oft geschieht
dies dadurch, dass ihre Bilder in Online Bilddatenbanken abrufbar sind und dort
für den Käufer nicht nachvollziehbar ist, wer das Bild bereits in welchem
Kontext verwendet hat. Insofern ist es wahrscheinlich eher als unglücklicher
Zufall zu bezeichnen, dass genau dieses Bild Boleschs in so kurzer Zeit zwei
Mal publiziert wurde und vor allem als Titelbild der Thementage so große
Verbreitung fand.
Gegenüberstellung der Screenshots von den Webseiten des HKW und der DW |
Was an diesem Fall jedoch lehrreich erscheint, ist der
Umgang mit Archivbildern aus Kriegs- und Krisenregionen. An diesem Bild lässt
sich exemplarisch aufzeigen, wie Bilder alleine aus Gründen der Visualisierung
ausgewählt und publiziert werden. Dass dieses Bild aus Gründen der
Visualisierung ausgewählt wurde lässt sich an zwei Faktoren ablesen. Zum einen
veröffentlichen weder die DW noch das HKW Hintergrundinformationen zum Bild. Es
gibt weder eine geografische noch eine zeitliche Zuordnung, also keinerlei
Kontextualisierung. Darüber hinaus hat das Bild kaum Informationswert. Es zeigt
eine geteerte Straße in einer flachen Landschaft vor dunklen Wolken, auf der im
Vordergrund ein umgedrehter Sprengkörper zu sehen ist, in dem eine Fahne
steckt. Nur damit wird auf einen Kriegs- und Konfliktkontext verwiesen.
Gleichzeitig bekommt das Bild aufgrund der fehlenden regionalen Bezugnahme
etwas Generisches und eignet sich aus diesem Grund hervorragend für eine
Visualisierung von Krieg. An der weiteren Bebilderung des Artikels zeigt sich,
dass hier die Bilder mit der Textebene korrespondieren. So sind Bilder von der
internationalen Tourismusbörse (ITB) zu sehen, die der Aufhänger des Artikels
sind. Des Weiteren ist z.B. ein Bild aus Nordkorea zu sehen, was mit der
touristischen Bestrebungen des Landes, die im Artikel erwähnt werden,
korrespondiert. Umso deutlicher wird damit, dass Boleschs Bild die Funktion des
Eyecatchers als visuellem Aufmacher des Artikels hat.
Grundsätzlich ist zu fragen, ob ein Artikel wie „Urlaub im Krisengebiet“, der die ITB in
Berlin und Krisenregionen die sich als Tourismusziele vermarkten zum
Ausgangspunkt nimmt, nicht auch ohne abstrakten visuellen Aufmacher auskommt.
Denn eine abstrahierte Visualisierung birgt immer die Gefahr, dem
Entstehungskontext der Bilder nicht gerecht zu werden. Umgekehrt ist es weitaus
schwieriger, das Thema „Urlaub im
Krisengebiet“ mit konkreten, visuell attraktiven Bildideen umzusetzen. Aber
genau dies ist und bleibt die Herausforderung für Bildredakteure, ebenso wie es
die Herausforderung für Fotografen ist sich mit der Frage zu beschäftigen, wie
sie damit umgehen, dass ihre Bilder dekontextualisiert zur Visualisierung
eingesetzt werden.
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