Auf dem Festival für jungen Fotojournalismus in
Hannover vor zwei Wochen gab es einen Thementag zum Crowdfunding. Von den angekündigten
Infoständen und Vorträgen blieben leider nur die Vorträge übrig. Für diese
waren der holländische Fotograf Rob Hornstra, die deutschen Fotografen Claudius
Schulze und Kai Wiedenhöfer, die amerikanische Filmemacherin Sarah Mabrouk
sowie Sebastian Esser vom Online-Magazin Krautreporter eingeladen. Leider
fehlte eine Moderation durch den Tag, so dass die zusammenfassende Betrachten
der verschiedenen Optionen sowie eine kritische Diskussion und Einordnung des
Themas dem Besucher vorbehalten blieb.
Claudius Schulze beim Vortrag auf dem LUMIX Festival |
Zu Beginn einige grundsätzliche
Worte zum Crowdfunding. Diese relativ neue Form der Finanzierung basiert auf
dem Sammeln von Geld durch die Crowd, auch Schwarm genannt, also die
Gemeinschaft der Internetnutzer. Die Grundidee ist, über die direkte
Vermarktung des eigenen Produkts oder der eigenen Idee viele kleine Geldbeträge
zu sammeln um auf die benötigten Investitionssummen zu kommen. Damit soll
Finanzierungslücken, die durch die weltweite Medienkrise entstanden sind,
entgegengewirkt werden. Grundsätzlich ist zwischen dem „reward based“ und dem „donation
based“ Crowdfunding zu untscheiden. Beim ersten Prinzip erhalten die
Geldgeber ein Produkt oder eine immaterielle (Dienst-) Leistung für ihren
Geldbetrag. Darunter finden sich oft kleine Gimmicks wie Postkarten oder
Stoffbeutel, die finanzierten Produkte wie z.B. Fotobücher oder die Einladung
zu speziellen Events. Das zweite Modell ist mit der klassischen Spende
vergleichbar, wo der Geldgeber keine Gegenleistung bekommt. Crowdfunding für
journalistische Projekte funktioniert meist nach dem „reward based“ Prinzip. Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte
Crowdinvestment. Dies wird vor allem von Start-Up Unternehmen genutzt. Dabei
ist mit dem Crowdinvestment meist die Übertragung eines Unternehmensanteils
oder die Beteiligung an möglichen Gewinnen verbunden.
Den Auftakt des Thementages
beim Lumixfestival bildete ein toller und sehr inspirierender Vortrag des
niederländische Fotografen Rob Hornstra. Er finanzierte große Teile seines
mehrjährigen in Zusammenarbeit mit Arnold van Bruggen entstandenen „The SotchiProject“ über Crowdfunding. Er zeigte, wie hoch die Meßlatte liegt wenn es um
das Crowdfunding geht und wie eine perfekte Vermarktung einher gehen kann mit
einem qualitativ hervorragenden Fotografie-Projekt und erfolgreicher Acquise im
Internet. Der zentrale Moment ist dabei laut Hornstra dass die Unterstützer in
den Fotografen, nicht in sein Projekt investieren. Sie geben Geld weil sie
einen Menschen persönlich kennen und dies Glaubwürdigkeit verleiht. Und der größte
Teil der Arbeit ist laut Hornstra diese Gruppe der Unterstützer, die eigene
Community, zu pflegen. Dazu gehört das Beantworten von Emails, das Organisieren
privater Events, ect. Das ist sozusagen das Privileg, was sich die Community
mit der Unterstützung des Projekts erkauft. Aufschlussreich war Hornstras
Einschätzung des Interessentenkreises. Er sprach von mehreren konzentrischen
Kreisen um den Fotografen, ausgehend von dessen Lebensmittelpunkt und
Bekanntheitsgrad. Der erste Kreis besteht klassischerweise aus Familie und
Freunden, der zweite aus der Stadt in der er lebt, der dritte aus seinem Land,
der fünfte aus Europa und der letzte einem weltweiten Publikum. Hornstra warnte
davor dem Hype zu verfallen und zu erwarten dass man plötzlich Unterstützer aus
der ganzen Welt bekommen würde: die wichtigste Community sei immer noch im
engeren Umfeld und im eigenen Land zu finden.
Hornstra schlachtete in
seinem Vortrag dann auch gleich noch einige heilige Kühe des Fotojournalismus,
in dem er dazu aufrief die leidige Diskussion über das mangelnde Geld in den
Medien zu beenden und Bilder auch umsonst zum Abdruck freizugeben. Ganz
umsonst? Na ja insofern, als dass es keine direkten Geldzahlungen gibt, aber
die entsprechenden Publikationen dann wiederum Anzeigen für die eigenen Bücher
oder die Crowdfundingaktion drucken. Hornstra erläuterte dies am Beispiel der
Kooperation mit dem Magazin „Foreign Affairs“. Diese Kooperationen seien
wichtig, um das Publikum zu erhöhen, so Hornstra. Und für das Publikum ist der
wichtigste Moment das Bespielen diverser Socialmedia-Kanäle. Hornstra und van
Bruggen posten dort vor allem Inhalte, kleine Geschichten die während der
Arbeit entstehen und halten so die Unterstützer bei der Stange. Dass dies
erfolgreich ist zeigte sich an den 25.000 Euro die von den beiden über vier Jahre
jährlich eingesammelt wurden.
Das man Crowdfunding auch völlig
anders verstehen kann zeigte der Vortrag des deutschen Fotografen ClaudiusSchulze. Er finanzierte sein erstes Fotobuch „Socotra“ sowie Teile seines
aktuellen Projekts „Naturzustände“ über Crowdfunding. Dabei kam er ohne die
Hilfe einer Crowdfundingplattform aus und sammelte sein Geld allein über seinen
Emailverteiler und Ankündigungen auf seiner Webseite ein. Entsprechend
bescheiden waren auch seine Einkünfte. Für sein Buch „Socotra“ sammelte er
6.500 Euro durch den Verkauf einer Special Edition des Buches mit einem Abzug
ein. Die Unterstützer wurden auf der letzten Seite des Buches genannt. Sein
Publikum waren bei seinem ersten Projekt vor allem Familie und Freunde. Bei
seinem zweiten Projekt „Naturzustände“ konnte er schon auf einen professionell
geführten Emailverteiler zurückgreifen und seinen Kreis ausweiten. Interessant
war Schulzes Hinweis, wie wichtig es sei mit dem eigenen Projekt eine bestimmte
Zielgruppe zu finden. So hatte sein Buch „Socotra“ weniger in der
Fotobuchcommunity als unter Inselforschern Erfolg, wo er einen Großteil seiner
Bücher absetzte. Dies zeigt wie das Suchen spezieller Fachpublika zum Erfolg führen
kann.
Den klassischen Weg des
Crowdfunding über eine bestehende Crowdfunding Plattform wählte der Berliner
Dokumentarfotograf Kai Wiedenhöfer. Im Vortrag stellte er die Kampagne zur
Teil-Finanzierung seiner Ausstellung „Wall on Wall“ vor, die auf Kickstarter
lief. 2013 plakatierte er Teile seines Projekts über Grenzzäune und –wälle
weltweit auf den Resten der Berliner Mauer. Wiedenhöfers Vorgehen ist insofern
atypisch als dass sein Projekt mit sehr kurzer Vorbereitungszeit entstand. Dies
ist auch dem Video anzusehen. Trotz allem hatte er Erfolg und sammelte fast
15.000 Euro ein.
Die verschiedenen Vorträge
zeigten, dass Crowdfunding auf der einen Seite ein sehr weiter Begriff ist,
unter den sehr verschiedene Formen der Finanzierung fallen. Auf der anderen
Seite wurde deutlich, dass diese Formen nicht immer neu sind, wie erfolgreiche Finanzierungsstrategien
über Editionen im Freundes-, Familien- und Kollegenkreis zeigen. Dies weist
darauf hin, dass jedes Projekt seine eigene Form der Finanzierung finden muss,
die auf den Inhalt des Projekts, den Fotografen, seine Netzwerke und seine
Ressourcen (zeitlich, finanziell, ...) zugeschnitten ist. Ein großer Vorteil
des Crowdfunding ist, dass ein Projekt mit der Onlinepräsentation schon eine
gewisse Öffentlichkeit bekommt. Damit ist auch ein Teil der Bewerbung schon
erledigt und es baut sich ein Kreis von Interessierten auf, der am finalen
Produkt (Ausstellung, Buch, ...) Interesse hat. In jedem Fall ist Crowdfunding weder
eine Geldmaschine noch die Lösung für Probleme im traditionellen Journalismus
sondern zuallererst ganz einfach viel Arbeit.
In einem weiteren
Blogbeitrag habe ich einige Links zu Literatur zum Thema, zu Ratgebern, Studien
und Crowdfundingplattformen zusammengestellt.
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