Montag, 7. Juli 2014

Zu Besuch bei Thesip in Tel Aviv


Versteckt in einem Industriegebiet, nur wenige Häuser vom Stammsitz der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ entfernt, befinden sich im dritten Stock eines unscheinbaren Bürogebäudes die Räume des „Sphilman Institute for Photography“. Wer den Weg hierher findet wird belohnt mit einem einzigartigen Einblick in die Geschichte der Fotografie im Allgemeinen und in Israel im Besonderen. Vor 2 Jahren gegründet hat sich das gemeinnützige und aus der Initiative des Sammlers Shalom Sphilman entstandene Institut schnell einen Namen nicht nur in der Fotografieszene Israels, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus gemacht. Auch wenn angesichts der Größe des Landes Israel über ein erstaunlich hohe Dichte an hochkarätigen Institutionen im Bereich Fotografie verfügt, von Sammlungen in Museen, Hochschulen bis hin zu Galerien, so hat ein Forschungsinstitut bisher noch gefehlt. Diese Lücke schließt das Sphilman Institute unter anderem auch mit der Ausrichtung von Konferenzen und der Ausschreibung von Forschungsstipendien.


Noch bis August ist in der Galerie des Instituts die Ausstellung „The double exposure project“ zu sehen. Es ist ein Querschnitt durch die Sammlung die hier präsentiert wird. Das besondere ist, dass es zu jedem Bild ein Video gibt, in dem sowohl der/die Fotograf/in als auch der/die Kurator/in zu dem Werk Stellung beziehen. Die Videos sind sowohl auf kleinen tragbaren Geräten vor den Werken anzusehen, als auch hintereinander als Projektion. Damit wird ein interessanter Dialog über Fotografie hergestellt, genau das, was das Ziel der Sammlung ist. Erwähnung finden sollen an dieser Stelle vor allem einige eher dokumentarisch angehauchte Arbeiten israelischer Künstler, die in der Ausstellung zu sehen sind. So ist von der Künstlerin Nira Pereg das Video „Sabbath“ zu sehen. Es zeigt in verschiedenen Einstellungen junge orthodoxe Juden die mit Metallgittern das Stadtviertel Mea Shearim in Jerusalem absperren. Verstärkt wird die Wirkung durch das Geräusch des Metalls auf dem Boden als Soundkulisse. Kommentiert wird das Video unter anderem von Boris Groys der die Arbeit zu einer Ausstellung zum Thema Religion ins ZKM nach Karlsruhe einlud. Vom israelischen Fotojournalisten Oded Balilty ist ein Bild eines Autowracks in einem Eukalyptuswald zu sehen. Es ist Teil einer Serie mit der Balilty dem automobilen Zivilisationsschrott im Land visuell auf den Grund geht. Das sanfte Licht und der Eukalyptuswald sind typisch für die israelische Landschaft. Andere interessante Bilder in der Ausstellung stammen von Adi Nes, Simcha Shirman und Gaston Zvi Ickowicz.

Besonders empfehlenswert ist jedoch die Führung durch die Sammlung Sphilman. Innerhalb weniger Jahre hat das Institut über 900 Werke zusammengetragen. In großen Rollschränken hängen gerahmt und in Originalgröße die Schätze der Sammlung. Darunter finden sich sowohl Werke aus der Frühgeschichte der Fotografie und Klassiker von Berenice Abbott, Man Ray oder László Moholy-Nagy als auch weltbekannte zeitgenössische Fotografie z.B. von Thomas Ruff und ein hervorragender Querschnitt durch die israelische Fotografie. Fast alle namhaften israelischen Fotografen sind vertreten: Adi Nes, Dror Guez, Gilad Ophir, Gaston Zvi Ickoviz, etc. um nur einige zu nennen.

Was etwas erstaunt, ist die völlig unpolitische Position die das Institut zumindest nach außen hin offiziell einnimmt. Erstaunlich insofern als dass viele der zeitgenössischen israelischen Fotografen der Sammlung sehr politische Projekte machen und auch die Geschichte des Fotografie in Israel aufs engste mit dem Zionismus und damit dem politischen Umfeld verbunden ist. Im Gespräch sagte eine Mitarbeiterin, dies habe unter anderem mit der schwierigen innenpolitischen Situation in Israel unter dem Premierminister Netanjahu zu tun, wo dezidiert politische und gesellschaftskritische nicht gern gesehen sei. Dies ist schade und zeigt wie sehr die politische Situation auch das kulturelle Leben in Israel beeinflusst. Trotz allem bleibt zu hoffen, dass unter dem Deckmantel des Instituts der israelischen Fotografie der kritische Raum zur Diskussion gegeben werden kann, der ihr gebührt.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen