Versteckt in einem Industriegebiet, nur wenige Häuser vom
Stammsitz der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ entfernt, befinden sich im
dritten Stock eines unscheinbaren Bürogebäudes die Räume des „Sphilman
Institute for Photography“. Wer den Weg hierher findet wird belohnt mit einem
einzigartigen Einblick in die Geschichte der Fotografie im Allgemeinen und in
Israel im Besonderen. Vor 2 Jahren gegründet hat sich das gemeinnützige und aus
der Initiative des Sammlers Shalom Sphilman entstandene Institut schnell einen
Namen nicht nur in der Fotografieszene Israels, sondern auch über die
Landesgrenzen hinaus gemacht. Auch wenn angesichts der Größe des Landes Israel
über ein erstaunlich hohe Dichte an hochkarätigen Institutionen im Bereich Fotografie
verfügt, von Sammlungen in Museen, Hochschulen bis hin zu Galerien, so hat ein
Forschungsinstitut bisher noch gefehlt. Diese Lücke schließt das Sphilman
Institute unter anderem auch mit der Ausrichtung von Konferenzen und der
Ausschreibung von Forschungsstipendien.
Noch bis August ist in der Galerie des Instituts die
Ausstellung „The double exposure project“ zu sehen. Es ist ein Querschnitt
durch die Sammlung die hier präsentiert wird. Das besondere ist, dass es zu
jedem Bild ein Video gibt, in dem sowohl der/die Fotograf/in als auch der/die
Kurator/in zu dem Werk Stellung beziehen. Die Videos sind sowohl auf kleinen
tragbaren Geräten vor den Werken anzusehen, als auch hintereinander als
Projektion. Damit wird ein interessanter Dialog über Fotografie hergestellt,
genau das, was das Ziel der Sammlung ist. Erwähnung finden sollen an dieser
Stelle vor allem einige eher dokumentarisch angehauchte Arbeiten israelischer
Künstler, die in der Ausstellung zu sehen sind. So ist von der Künstlerin Nira
Pereg das Video „Sabbath“ zu sehen. Es zeigt in verschiedenen Einstellungen
junge orthodoxe Juden die mit Metallgittern das Stadtviertel Mea Shearim in
Jerusalem absperren. Verstärkt wird die Wirkung durch das Geräusch des Metalls
auf dem Boden als Soundkulisse. Kommentiert wird das Video unter anderem von
Boris Groys der die Arbeit zu einer Ausstellung zum Thema Religion ins ZKM nach
Karlsruhe einlud. Vom israelischen Fotojournalisten Oded Balilty ist ein Bild
eines Autowracks in einem Eukalyptuswald zu sehen. Es ist Teil einer Serie mit
der Balilty dem automobilen Zivilisationsschrott im Land visuell auf den Grund
geht. Das sanfte Licht und der Eukalyptuswald sind typisch für die israelische
Landschaft. Andere interessante Bilder in der Ausstellung stammen von Adi Nes,
Simcha Shirman und Gaston Zvi Ickowicz.
Besonders empfehlenswert ist jedoch die Führung durch die
Sammlung Sphilman. Innerhalb weniger Jahre hat das Institut über 900 Werke
zusammengetragen. In großen Rollschränken hängen gerahmt und in Originalgröße
die Schätze der Sammlung. Darunter finden sich sowohl Werke aus der
Frühgeschichte der Fotografie und Klassiker von Berenice Abbott, Man Ray oder László
Moholy-Nagy als auch weltbekannte zeitgenössische Fotografie z.B. von Thomas
Ruff und ein hervorragender Querschnitt durch die israelische Fotografie. Fast
alle namhaften israelischen Fotografen sind vertreten: Adi Nes, Dror Guez,
Gilad Ophir, Gaston Zvi Ickoviz, etc. um nur einige zu nennen.
Was etwas erstaunt, ist die völlig unpolitische Position die
das Institut zumindest nach außen hin offiziell einnimmt. Erstaunlich insofern
als dass viele der zeitgenössischen israelischen Fotografen der Sammlung sehr
politische Projekte machen und auch die Geschichte des Fotografie in Israel
aufs engste mit dem Zionismus und damit dem politischen Umfeld verbunden ist.
Im Gespräch sagte eine Mitarbeiterin, dies habe unter anderem mit der
schwierigen innenpolitischen Situation in Israel unter dem Premierminister
Netanjahu zu tun, wo dezidiert politische und gesellschaftskritische nicht gern
gesehen sei. Dies ist schade und zeigt wie sehr die politische Situation auch
das kulturelle Leben in Israel beeinflusst. Trotz allem bleibt zu hoffen, dass
unter dem Deckmantel des Instituts der israelischen Fotografie der kritische
Raum zur Diskussion gegeben werden kann, der ihr gebührt.
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