Mittwoch, 5. Dezember 2012

Über die Bedeutung des Nicht-Fotografierens


Es liegt an der Materialität und der Konstituierung des Mediums Fotografie an sich, dass die Auseinandersetzung mit diesem sich in der Regel darauf beschränkt, zu diskutieren was und wie etwas fotografiert wurde, jedoch nicht was nicht fotografiert wurde. Dabei ist insbesondere die Frage, ob es in bestimmten Situationen besser wäre, etwas nicht zu fotografieren, eine der relevantesten Fragestellungen die dem Medium und vor allem seiner fotojournalistischen Ausprägung immanent sind. Dazu zwei konkrete Beispiele, welche offenlegen sollen, welche möglichen Konsequenzen es hätte, wenn sich Foto-Reporter weigern würden ein bestimmtes Ereignis zu fotografieren.

Als erstes Beispiel sei der Gaza-Krieg 2008/2009 genannt. Damals reisten Dutzende internationale Foto-Reporter nach Israel in der Hoffnung, Zugang zum Gazastreifen zu bekommen und Bilder der Folgen der israelischen Angriffe machen zu können. Das von der israelischen Armee verhängte und über fast den gesamten Kriegszeitraum gültige Einreiseverbot hatte zur Folge, dass sich die internationalen Foto-Reporter zusammen mit den lokalen israelischen Foto-Reportern an der Grenze der Bannmeile zum Gazastreifen sammelten und von dort aus versuchten, Bilder aus dem Gazastreifen zu erhaschen. Die Folge war eine Schwemme von Bildern des Krieges aus der Ferne, einschlagender Raketen, von Rauchwolken am Horizont. Die Folge für das publizierte Bild über den Krieg wurde ausführlich in meinem Bericht „Der Gaza-Krieg im Bild“ dargestellt, welcher die Dominanz des Bildes des Krieges aus der Ferne in deutschen Medien aufzeigen konnte. An dieser Stelle ist die Frage interessant, was passiert wäre, wenn die Foto-Reporter anstatt von der Grenze aus Bilder aus der Ferne zu machen, wieder abgereist wären, da der eigentliche Zweck ihrer Reise, Bilder der Folgen des Krieges zu machen, nicht erreicht werden konnte. Denn das Verhalten der Foto-Reporter und die Produktion des Bildmaterials eines Krieges aus der Ferne kam der Wunsch der israelischen Armee als zentralem Konflikt-Akteur, diesen Krieg als einen präzisen und chirurgischen Eingriff darzustellen, sehr entgegen. Lokale und internationale Journalistenverbände protestierten zwar gegen das Einreiseverbot. Eine Form des Streiks oder der Arbeitsniederlegung als Form des Protestes gegen diese israelischen Zensurmaßnahmen wurde jedoch interessanterweise nie diskutiert.

Das zweite Beispiel ist die fotografische Dokumentation von Demonstrationen und Clashes in der palästinensischen Westbank. Diese sind für Foto-Reporter von daher interessant, da sie den Konflikt visuell sehr gut und einfach darstellen. Auch wenn diese eine Form routinisierter Ereignisse darstellen, ist die Begründung der Foto-Reporter diese zu dokumentieren, dass man vor Ort sein müsse da man nie wisse, ob nicht etwas schlimmes passieren würde. Gemessen an der Realität des Konfliktes und bezogen auf die realpolitische Funktion haben die Demonstrationen jedoch eine sehr geringe Bedeutung. Die Masse der Bilder über diese Ereignisse ist in keiner Weise repräsentativ für das tatsächliche Konfliktgeschehen. Da der Konflikt und das Besatzungsregime mit seinen mannigfaltigen Facetten jedoch visuell schwer darstellbar sind, stellen die Demonstrationen ein dankbares Ereignis für die Foto-Reporter dar. Denn insbesondere die Nachrichtenagenturen wählen Ereignisse fast ausschließlich nach ihrer visuellen Verwertbarkeit aus. Ähnlich wie beim Gaza-Krieg ist hier die Frage, was passieren würde, wenn die Foto-Reporter mehr Aufmerksamkeit darauf verwenden würden, nach Möglichkeiten der Darstellung der vordergründig nicht-sichtbaren Seiten des  Konfliktes zu suchen, anstatt routinisiert die gleichen Ereignisse abzubilden. Dies würde natürlich zuvorderst der Logik der Arbeit der Nachrichten-Agenturen widersprechen.

Die beiden hier diskutierten und kurz angerissenen Beispiele zeigen, dass die Frage nach der Bedeutung und der Möglichkeit des Nicht-Fotografierens, große Relevanz hat. Sie knüpft letztlich an die Überlegungen eines anderen Beitrags auf diesem Blog zur Haltung des Foto-Reporters an. Denn nur mit einer klaren Haltung zu dieser Fragestellung, die vom Foto-Reporter kommuniziert und reflektiert wird ist es möglich, hier eine eigene Position zu finden. Das dies im hoch kompetitiven und schnelllebigen Feld der Agentur-Fotografie nicht einfach ist, steht ohne Zweifel. Aber nur durch konstantes Infragestellungen (foto-) journalistischer Praxen und Routinen ist eine qualitative Weiterentwicklung, auch im Hinblick auf eine stärker konfliktsensitive Ausrichtung hin, möglich.

Montag, 19. November 2012

Gaza: Krieg im Web 2.0?

Seit dem Beginn der Eskalation des Konflikts im Nahen Osten zwischen der israelischen Regierung und der Hamas ist der Verlauf der Auseinandersetzung im Web 2.0 auch zunehmend im Fokus von Blogbeiträgen und Artikeln. So zeichnete John Mason den Verlauf des Konflikts auf der Foto-Plattform Instagram nach. In einem Kommentar auf „The Daily Beast“ ging Ali Gharib auf Twitter-Nachrichten über den Krieg und die Involvierung von Journalisten ein.

Was in der vor allem über Twitter ausgetragenen Auseinandersetzung über den Konflikt zu beobachten ist, ist ein Kampf um die Deutungshoheit des Konflikts und seiner aktuellen Eskalation. Diejenigen, die hier in die Auseinandersetzung eingestiegen sind, sind die direkten Konflikt-Parteien wie die israelische Armee IDF und pro-israelische Gruppen sowie der Hamas nahestehende Gruppen. Zu beobachten ist ein Kampf um die Narrative. Das besondere an der Auseinandersetzung im Web 2.0 ist, das auf diese Art und Weise die Nachrichten und damit die Auseinandersetzung direkt das Publikum erreichen und die Auseinandersetzung nicht mehr gefiltert über die Presse ausgetragen wird. Die Gruppen versuchen, die öffentliche Meinung über die neuen Medien direkt zu beeinflussen, ohne den Umweg über die Presse nehmen zu müssen. Dies ist eine dramatische Wende und verlagert die Auseinandersetzung in die Weiten des Internets.

Was wegfällt ist die Funktion des Journalismus und seiner Medien, die Informationen zu kontextualisieren und einzuordnen, Hintergrundinformationen zu liefern und verschiedene Meinungen zu Wort kommen zu lassen. Auch eine Lösungsorientierung wie sie der konfliktsensitive Journalismus fordert, ist hier nicht Teil der Auseinandersetzung. Besonders drastisch wird dies am Verbreiten von Bildern ziviler Opfer sichtbar. Beide Seiten nutzen diese Bilder, um Emotionen auf ihre Seite zu ziehen und mit der „Beweiskraft“ des Bildes die Legitimität des eigenen Handelns bzw. die Illegitimität des Handelns des anderen zu untermauern. Was wegfällt ist eine Kontextualisierung und Einordnung der Bilder in das Konfliktgeschehen. Als relevante Information werden diese Bilder somit fast wertlos, da sie nur als reine Bestätigung von Faktischen – dieser Mensch auf dem Bild wurde verwundet – dienen.

Im Zusammenhang mit der Diskussion dieses Phänomens poppt in der Diskussion immer wieder der Begriff des Bilder-Krieges oder Medien-Krieges auf. Meiner Ansicht nach ist es nicht problematisch diesen Begriff zu verwenden. Ein Mal in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen und als Fakt akzeptiert, liefert der Begriff des „Bilder-Kriegs“ z.B. der IDF die Legitimation, Hamas nahestehende Sender zu bombardieren. Insofern ist der Gebrauch dieses Begriffes im Interesse der Konflikt-Parteien und sollte von daher von den Medien und Wissenschaftlern tunlichst gemieden werden. Die tatsächlichen Kriegshandlungen werden immer noch mit Waffen von den Konflikt-Parteien verübt. Was in den Medien und über die Medien stattfinden, ist hingegen eine Auseinandersetzung über die Deutungshoheit des Konflikts und der Geschehnisse. Diese kritisch hin auf ihre Qualität, die Einhaltung journalistischer Standards und eine Konfliktsensitivität zu überprüfen, sollte sich die Kommunikationswissenschaft zur Aufgabe machen.

Dienstag, 6. November 2012

Über die Heroisierung des Krieges à la Hollywood


Auf den Seiten 30/31 der aktuellen Ausgabe des Stern-Magazin VIEW ist zu sehen, wie die Heroisierung von Soldaten im zeitgenössischen Krieg funktioniert: über die Einbeziehung von Hollywood. Ein großformatiges über eine Doppelseite gehendes Bild zeigt vier US-Amerikanische Soldaten die um einen auf dem Boden liegenden verletzten Kameraden gruppiert sind. Die Überschrift zur Bild-Text-Seite lautet „Saving Private Ryan“. Im kurzen Bild-Text wird die Szenerie weiter erläutert:

Ein in Afghanistan bei einer Bombenexplosion verletzter US-Soldat verdankt sein Leben seinen Kameraden.

Baraki/Afghanistan – Noch schweben Staub und Qualm in der Luft. Aber auch wenn gerade keiner weiß, ob nicht weitere Gefahr droht, sind gleich vier Männer dieser US-Patrouille ihrem verletzten Kameraden beigesprungen – und retten so das Leben des Private Ryan.

Bei der Detonation des im Boden versteckten Sprengkörpers wurden die Beine des Soldaten Ryan Thomas getroffen, seine zerfetzten Hosenbeine sind blutdurchtränkt. Während der Trupp-Sanitäter die Wunden verbindet, hält ein Kamerad beruhigend die Hand des 21-Jährigen und spricht mit ihm. Zwar gelingt es zunächst, die starken Blutungen zu stillen, doch Ryan Thomas muss schnellstens in ein Feldlazarett. Im Laufschritt tragen die Männer den Verletzten zu dem bereits gelandeten Rettungshubschrauber.

Und tatsächlich: Ihr Kamerad überlebt – wie der Soldat im Steven Spielbergs oscar-gekröntem Film „Saving Private Ryan“. (VIEW, November 2011, Seite 30/31)

Was hier gezeichnet wird, ist das Bild von Kameradschaft und Heldentum im Krieg. Die Umstände des Anschlags und der Konflikt in Afghanistan spielen kaum eine Rolle. Die Botschaft lautet, dass die Soldaten füreinander einstehen und sich auch unter Gefahr, ohne auf das eigene Leben zu achten, retten. Auf diesen Aspekt weist der Text mit der Formulierung „Aber auch wenn gerade keiner weiß, ob noch weitere Gefahr droht“ noch ein Mal besonders hin. Dazu kommt der positive Ausgang der Geschichte, symbolisiert durch den in einem kleinen Bild gezeigten wartende Rettungshubschrauber zu der die Bildunterzeile sagt: „Der Helikopter bringt Thomas in Sicherheit. Später wird er zur Behandlung nach Deutschland ausgeflogen“. So steht am Ende der Rettungsaktion das rettende Krankenhaus in Deutschland.

Interessant ist der erzählerische Duktus der Bild-Untertextes, der dem ganzen die nötige Dramatik verleiht und Nähe herstellt. „Noch schweben Staub und Qualm in der Luft ...“ beginnt der Text und sofort ist der Leser damit in der Aktualität des Geschehens. Eine Recherche der kompletten Bilderstrecke in der Bilddatenbank von AFP lässt dagegen  vermuten, dass seit der Explosion schon einige Zeit vergangen ist. Dort scheint es bzgl. des Rauchs – insbesondere aufgrund der auf anderen Bildern deutlich erkennbaren orangenen Farbe des Rauchs – als wäre dieser durch Leuchtfakeln entstanden, die vom Militär genutzt werden um dem Rettungshubschrauber einen Landeplatz anzuzeigen. Möglicherweise ist es auch ein Übersetzungsfehler: In der Original-Caption ist von „dust and smoke flares“ die Rede, wobei Smoke Flares als Rauch oder Leuchtfakeln ins Deutsche übersetzt werden. Der Staub stammt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht von der Explosion, da auch die verbundenen Beine des Soldaten  darauf hinweisen, dass die Explosion schon etwas länger zurückliegt.

Besonders perfide ist an diesem Beispiel, wie ein Hollywood-Spielfilm hier als Referenz für soldatisches Handeln im Krieg gesetzt wird: Nicht mehr der  Film orientiert sich an der Realität, sondern die Realität am Film. „Ihr Kamerad überlebt – wie der Soldat im Steven Spielbergs oscar-gekröntem Film „Saving Private Ryan““ heißt es im Text. Dabei ist wichtig zu wissen, dass „Saving Private Ryan“ eine fiktive Geschichte ist, die auf der Folie der Landung der Alliierten in der Normandie erzählt wird. Eine Gruppe von US-Soldaten wird im Film losgeschickt um den hinter den feindlichen Linien abgesprungen Soldaten zu retten. Gesteigert wird im Artikel die Bedeutung des Filmes durch den Hinweis auf den Oscar-Gewinn. Dies macht die Geschichte des Films jedoch nicht realer oder glaubwürdiger. Die einzige Verbindung zwischen Film und Soldat ist der Name des Soldaten: Ryan. Dass diese fiktive Geschichte hier als Folie für den Afghanistan-Krieg genutzt wird, ist das wohl deutlichste Zeichen für die Propaganda-Botschaft die sich hier entfaltet.

Auch das Bild an sich spricht nicht dafür, dass der Aufhänger der Geschichte ein herausragendes Nachrichtenbild war.  Das Bild verfügt weder über herausragende visuelle Qualitäten, noch hat es einen besonderen Nachrichtenwert. Rettungs-Aktionen wie diese gehören zum Alltag des Krieges westlicher Streitkräfte in Afghanistan. Umso interessanter ist die Frage, warum VIEW die amerikanischen Soldaten zu Helden stilisiert und was damit bezweckt wird. Dank dem Hinweis auf die filmische Kriegs-Maschinerie von Hollywood funktioniert dieses Stilisierung (fast) perfekt.

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Dokumentarfotografie und lokale Referenz

Per Zufall bin ich beim surfen auf die Website des guatemaltekischen Foto-Festivals GuatePhoto[1] gestoßen, das im November in Guatemala Stadt stattfinden wird. Beim Blick auf die Aufmachung der Webseite, die dort präsentierten Bilder und Themen habe ich angefangen mich zu fragen, wie viel lokale Referenz ein Festival eigentlich braucht, welches sich unter anderem mit Dokumentarfotografie beschäftigt.

Vielleicht ist zu Beginn dieser Reflektion, ein Blick auf meinen persönlichen Hintergrund durchaus wichtig. Für viele Jahre habe ich mich in verschiedenen Organisationen mit der politischen Situation und den Menschenrechten in Guatemala beschäftigt. Davon ist natürlich im Hinterkopf ein bestimmtes Bild des zentralamerikanischen Landes geblieben. Wie jedes Bild ist dieses natürlich subjektiv geformt. Es ist geprägt von den Erinnerungen an den Bürgerkrieg und seine nicht verarbeiteten Folgen, vom Wissen um die Gewaltwellen die das Land überzogen und überziehen, sowie dem Gedanken an die krasse soziale Ungleichheit die im Land herrscht. Nicht verwunderlich also dass ich mich frage, ob dieses Bild Guatemalas auch auf einem lokalen Fotografie-Festival präsent ist.

Nun ist diese Frage natürlich erst ein Mal hypothetisch – und als solches, also als reine gedankliche Spielerei, soll sie auch behandelt werden – da ich ausser über die Webseite des Festivals keinen Überblick über die Arbeiten habe, die auf dem Festival gezeigt werden. Ich kann also keine Aussage treffen, ob z.B. die lokalen ausstellenden Fotografen diese von mir angesprochene Perspektive – diesen Blick – auf ihr Land thematisieren oder nicht. Aber ich kann Fragen in den Raum werfen die vielleicht das Potential haben, über die aktuelle Form globalisierter Fotografie kritisch nachzudenken.

Denn mit nichts anderes haben wir es meiner Ansicht gerade zu tun. Wenn es visuell kaum einen Unterschied macht, ob ein Fotografiefestival in Deutschland, den USA, Japan oder Guatemala stattfindet, ist dies sicherlich ein Ausdruck globalisierter Bildkultur. So weit so gut. Aber ist es das was wir eigentlich wollen? Ist dies die Konsequenz der Dominanz bildjournalistischer Fotografie europäischer und nordamerikanischer Prägung? Welchen Interessen wird dies gerecht?

Bleiben wir noch ein Mal beim Beispiel Guatemala. Man kann sicherlich vom Festival GuatePhoto nicht verlangen, die Realität des Landes repräsentativ abzubilden. Aber sollte ein Festival nicht zumindest einen Blick auf die sozialen Realitäten des Landes, in dem das Festival stattfindet, aufzeigen? In Guatemala sind fast 60% der Bevölkerung Indigenas, meist Nachfahren der Maya. Die – meist weiße – städtische Oberschicht macht nur einen kleinen Teil der Bevölkerung aus. Aber visuell ist sie viel stärker repräsentiert.

Ein anderer Blick auf eine guatemaltekische Fotoschule, die Fototeca, zeigt dies deutlich. Dort wird der Workshop „Fotografie Documental y Eventos“ (Dokumentarfotografie und Events)[2] angeboten mit dem Ziel zu lernen, wie Hochzeiten in einem Dokumentarstil fotografiert werden können. Unzweifelhaft lassen die Beispielbilder darauf schließen, dass es hier um die weiße Oberschicht geht. Dies gilt auf ähnliche Art und Weise auch für die Modefotografie der Region.

Ist es nun überzogen von Fotografie-Institutionen in Guatemala und anderen Ländern des globalen Südens zu verlangen, dass sie sich mit ihrer Gesellschaft beschäftigen? Ist es nicht wichtig, dass diese Institutionen sich ihrer privilegierten Stellung in der Gesellschaft bewusst sind und über die Grenzen der eigenen Schicht hinaus denken und vor allem fotografieren? Was heißt dies im Umkehrschluss für Institutionen in Deutschland? Was sind Themen und Felder die hier systematisch ausgeblendet werden?

Ich denke, dass diese Perspektive hier wie dort wichtig ist. Ebenso wie wir uns in Deutschland fragen müssen, wo das Bild und die Perspektive Nicht-Weißer in den Medien ist und wie marginalisierte Gruppen in der Fotografie repräsentiert werden bzw. sich dieses Medium aneignen, gilt dies für alle anderen Länder der Welt ebenso. Natürlich darf die Konsequenz bezogen auf Guatemala umgekehrt auch nicht der exotische, indigenistische Blick auf die Gesellschaft sein, der nach visuellen Stereotypen in Form von alten Menschen in Trachten vor armen Holzhütten sucht. Aber zwischen diesem Blick und demjenigen auf die Welt der weißen Oberschicht, gibt es unzählige Realitäten die zu zeigen ungemein interessant ist und die zweifelsohne auch gezeigt werden. Vielleicht bedarf es ein bisschen mehr der Anstrengung, diese Perspektiven auch zugänglich zu machen.


[1] http://guatephoto.org/
[2] http://lafototeca.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=205:foto-documental-y-eventos-iv%C3%A1n-guevara-lab-internacional&Itemid=33

Montag, 22. Oktober 2012

Neue Publikationen zu Fotografie und Krieg

-->
Wie auch auf diesem Blog thematisiert, gab es in diesem und dem letzten Jahr einige Ausstellungen, die sich im weitesten Sinn mit dem Thema von Fotografie und Konflikt beschäftigten. Im folgenden möchte ich auf einige neue Publikationen zu diesem Themenkomplex hinweisen, darunter zum Teil die Kataloge der erwähnten Ausstellungen, aber auch einige neuere wissenschaftliche Publikationen.

-->

-->
Hier die Liste der Publikationen mit kurzen Kommentaren:

-       Beil, Ralf und Ehmann, Antje (Hrsg.) (2011): Serious Games: Krieg Medien Kunst

Katalog einer multimedialen Ausstellung auf der Margaretenhöhe in Darmstadt 2011.

-       Dander, Patrizia und Enwezor, Okwui (Hrsg.) (2012): Bild Gegen Bild / Image Counter Image, Verlag der Buchhandlung König

Katalog der gleichnamigen Ausstellung im Münchner Haus der Kunst 2012.

-       Hillgärtner, Jule (2012): Krieg darstellen, Kadmos Verlag

Dissertation der Kunstwissenschaftlerin und Ausstellungsleiterin der RAY 2012.

-       Hoffmann, Felix (2012): Unheimlich vertraut. The Uncanny Familiar, Verlag der Buchhandlung König


Katalog der gleichnamigen Ausstellung bei C/O Berlin im Jahr 2011.

 

-       Petersen, Thomas und Schwender, Clemens (Hrsg.) (2011): Die Entschlüsselung der Bilder. Methoden zur Erforschung visueller Kommunikation, Von Halem

Neues Methodenbuch für die empirische Kommunikationsforschung bezogen auf das Medium Bild.

-       RAY Fotografieprojekte (2012): MAKING HISTORY - RAY 2012 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain, Hatje Cantz Verlag

Katalog der gleichnamigen Ausstellung des Fotografiefestivals in Frankfurt.

-       Runge, Evelyn (2011): Glamour des Elends, Böhlau Köln

Dissertation über sozialkritische Fotografie am Beispiel von Sebastia Salgado und Jeff Wall.

-       Verschueren, Ralf (2012): Picturing Afghanistan: The Photography of Foreign Conflict , Hampton Press

Interessante Untersuchung über die pressefotografische Darstellung des Afghanistankrieges.

Montag, 15. Oktober 2012

Fotojournalismus – Alles eine Frage der Haltung?


Was unterscheidet den professionellen Fotojournalisten in Zeiten der Allgegenwart von Smart-Phones und Digitalkameras eigentlich vom gewöhnlichen Amateur-Fotografen oder Bildproduzenten? Wenn eines der zentralen Kriterien der Nachrichtenwelt heute die Schnelligkeit ist, die wie auch immer fotografierte Dokumentation eines Ereignisses, wofür braucht es dann noch professionelle Fotojournalisten?

Um es gleich vorwegzusagen: es soll hier nicht um eine Bashing der Fotojournalisten gehen, um einen Abgesang auf ihre Profession. Ich möchte hingegen ein paar Gedanken zu diesem Berufsstand formulieren, die mir wichtig erscheinen um diesen weiterzuentwickeln und als relevantes Berufsfeld zu erhalten. Der Hintergrund dieser Überlegungen liegt in vielen Gesprächen, die ich im vergangenen Jahr im Rahmen der Recherchen für meine Promotion mit Fotojournalisten geführt habe.

Dabei ist es mir wichtig, zuerst den Rahmen meiner Überlegungen zu skizzieren. Vor allem drei Phänomene sind es, die meiner Ansicht nach große Auswirkungen auf den zeitgenössischen Fotojournalismus haben. Zum einen der Siegeszug der Digitalkameras. Digitalkameras haben die Schwelle zum Einstieg in die (semi-)professionelle Fotografie erheblich gesenkt. Anhand der Kameras ist heute oft nicht mehr unterscheidbar, ob wir es mit einem Amateur oder einem Profi zu tun haben. Dazu kommen die Smartphones. Es ist davon auszugehen, dass heute in so gut wie jeder sozialen Situation mindestens eine Person anwesend ist, die ein Handy mit Kamera besitzt. Damit ist es auch möglich, von fast allen sozialen Situationen an Bilder zu kommen. Wenn kein Fotojournalist verfügbar war greifen die Medien auch heute schon auf Bilder von Smartphone-Benutzern zurück, sofern es sich um ein relevantes Ereignis und eine als wichtig empfundene (Bild-)Nachricht handelt. Ein dritter Aspekt ist die Allgegenwart von Bildern. Ob im öffentlichen Raum, in den U-Bahnen oder dem eigenen PC, ob auf dem eigenen Facebook-Profil oder den Flickr-Accounts von Freunden. Bilder sind überall und diese Verfügbarkeit lässt die Wertigkeit von Bildern und das Verständnis für die Notwendigkeit und die Berechtigung, professionell journalistische Bilder zu produzieren sinken.

Die Frage ist, wie das fotojournalistische Gewerbe sich demgegenüber positionieren kann. Denn dass eine Positionierung erfolgen muss, ist sicherlich allen klar, denn nicht umsonst ist das Gerede von der Krise des Marktes in den letzten Jahren nicht gerade weniger geworden. Natürlich ist es dabei wichtig, auf die Qualität einzugehen, auf den Unterschied in der Bildgestaltung und der fotografischen Arbeit von Amateuren und Profis. Denn hier sind unstreitbar Unterschiede zu finden. Und wenn es über das reine dokumentieren von Ereignissen hinaus um Features und Dokumentarfotoprojekte geht, haben natürlich nur noch Profis das Können und das Wissen um diese produzieren zu können. Aber leider ist dies nur ein kleiner Teil des Marktes, und ein Großteil der Bilderflut besteht heute aus tatsächlichen oder vermeintlichen Bildnachrichten, die eben theoretisch auch von Nicht-Profis produziert werden könnten.

Der zentrale Unterschied zwischen Amateuren und Profis muss meiner Ansicht nach an der Frage der Haltung festgemacht werden. Oder der Einstellung, wem dieser Begriff besser passt. Einige mögen hier sofort aufschreien, und einen Versuch vermuten, durch die Hintertür die Ideologisierung des Fotojournalismus einzufordern um journalistische Standards aus dem Fenster zu schmeißen. Weit gefehlt. Es geht mir darum zu erörtern, mich welchem Wissen, welcher Reflektion der eigenen Arbeit und gesellschaftlicher Prozesse Fotojournalisten ans Werk gehen sollten. Für den Smart-Phone Besitzer ist es einfach: Sieht er etwas was er interessant findet, drückt er auf den Auslöser. Bildethische Fragen, Einschätzungen zu seiner Rolle etc. müssen ihn nicht tangieren. Er ist Beobachter einer sozialen Situation, die er zufällig dokumentiert. Anders hingegen verhält es sich meiner Ansicht nach mit dem Fotojournalisten. Seine gesellschaftliche Aufgabe, aus welchem Grund auch immer er diese gewählt hat, ist die Produktion von Bildern in einem journalistischen Kontext. Damit verfügt er auch über eine gewisse gesellschaftliche Macht. Er sollte sich, anders als der Smart-Phone Benutzer über die Konsequenzen seines gesellschaftlichen Handelns Gedanken machen. Hier kommt der Punkt der Haltung hinzu. Haltung bedeutet für mich, dass der Fotojournalist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist, dass er die Art und Weise wie und was für Bilder er produziert reflektiert und selbstkritisch ist bezüglich der Rolle von Bildern in der Gesellschaft. Dies ist natürlich besonders relevant für die fotojournalistische Arbeit über Konflikte. Aber es spielt letztlich bei jeder fotografischen Produktion eine Rolle. Deswegen müssen Fotojournalisten über eine große Bildkompetenz verfügen, über Bild-Wissen hinsichtlich der von ihnen bearbeiteten Themen. Warum wird wer in Bildern wie dargestellt muss eine zentrale Fragestellung sein. Dies gilt für die ganze Bandbreite von Themen, sowohl bezüglich des Afrika-Bildes, als auch der fotografischen Darstellung von Geschlechterrollen, wie auch dem Umgang mit gesellschaftlicher Diversität. Journalistische Bilder zu produzieren bedeutet eine Form gesellschaftlicher Macht, da sie im besten Fall gesellschaftliche Diskurse prägen. Insofern brauchen Fotojournalisten eine Haltung, mit die sie bezüglich ihrer Arbeit und ihrer gesellschaftlichen Rolle eine Position beziehen. Damit würden sie sich zentral von Bilder produzierenden Amateur-Fotografen unterscheiden und könnten obendrein fruchtbare Impulse bezüglich einer Neu-Ausrichtung fotojournalistischer Arbeit senden.

Dienstag, 9. Oktober 2012

UPDATE: Falsche Bildverwendung in der SZ

Am 27. September hatte ich in meinem Blogbeitrag „SZ-Bildredaktion greift in die Klischee-Kiste“ bereits die fragwürdige Bebilderung eines SZ-Artikels diskutiert. Weitere Recherchen im Internet ergaben, dass das Bild, welches mit der Bildunterschrift „Vom Ziel eines eigenen Staates weit entfernt: Palästinenser werfen Steine auf israelische Sicherheitskräfte“ den Artikel über die (Nicht-) Thematisierung des Nahostkonflikts auf der UN-Generalversammlung bebilderte, aus einem völlig anderen Zusammenhang stammt. In der Online-Datenbank der Nachrichten-Agentur AP ist es einsehbar. Hier der Link. Es stammt schon vom 18. September diesen Jahres und zeigt Proteste im palästinensischen Flüchtlingslager Shuafat in Ost-Jerusalem gegen den Mohammed-Film. Damit ist noch fragwürdiger, warum es als Bebilderung des Artikels benutzt wurde, wenn nicht aus dem Grund visuelle Klischees zum Nahostkonflikt zu bedienen. Darüber hinaus ist die Bildunterschrift fragwürdig. Es ist zwar sachlich richtig, dass Palästinenser hier Steine schmeißen, aber der Anlass, welcher zu diesem Ereignis führt, wird nicht erwähnt und macht das Bild damit wertlos. Die Frage nach einem palästinensischen Staat jedenfalls wird im Bild nicht thematisiert.

Diese Bebilderung ist leider ein gutes Beispiel für eine zunehmende Praxis in den Bildredaktionen, Artikel im Sinne einer frei interpretierten Illustration des Artikel-Themas zu bebildern und damit ungenaue und zum Teil falsche Assoziation zwischen Bild-Inhalt und Artikeln herzustellen. Letztlich wird damit auch die Glaubwürdigkeit von Nachrichtenfotografie untergraben.

Dienstag, 2. Oktober 2012

Wie die PR-Logik die Diskussion über Bilder von Kriegen und Konflikten überlagert


Gedanken zu einem zentralen Feld der Diskussion um Kriege und Konflikte, ihre visuelle Darstellung und das vermeintliche Aufkommen von Bilder-Kriegen im 20. Jahrhundert.

Im Grunde ist es doch eine simple Gleichung: Wenn ich moralisch einwandfrei und integer handele, dann muss ich Bilder, welche die Konsequenzen dieses Handelns zeigen nicht fürchten. Oder? Soweit so gut. Warum ist dann in der Diskussion über Bilder von Kriegen und Konflikten immer wieder die Rede davon, dass Bilder Waffen in den Händen des Gegners sein können, dass der Zugang zu den militärischen Auseinandersetzungen beschränkt werden muss? Lassen wir mal die Bilder, welche von terroristischen Gruppierungen inszeniert werden weg, und widmen uns den Kriegen der westlichen Mächte im letzten Jahrzehnt, dem Irak-Krieg, dem Afghanistan-Krieg oder dem Gaza-Krieg. Was haben die US-Army, die israelische Armee, oder die NATO-Verbündeten zu fürchten, wenn Bilder von Opfern ihrer Kriege gezeigt werden? Wenn der Einsatz gerechtfertigt ist, wenn den beteiligten Nationen und den Familien der Angehörigen die Risiken und Gefahren bewusst sind, werden sie doch auch sicher mit den Opfern von Kriegen umgehen können. Oder? Und falls nicht, werden sie vielleicht den Krieg in Frage stellen, seine Logik und seine (menschlichen) Kosten und Alternativen fordern. Aber wäre das so schlimm? Genau das ist es, was die Militärs fürchten. Deshalb, deklarieren sie Bilder zu Waffen, da es ihre Logik der militärischen Konfliktlösung in Gefahr bringen könnte. Und aus der Perspektive einer Public-Relation Kampagne, die heute immer Teil moderner Feldzüge ist, erscheint es natürlich ebenfalls verheerend, wenn Bilder die negativen Folgen des Handelns eines Akteurs zeigt, von dem eigentlich ein moralisch-integres Image kreiert werden soll. Aber sind (Foto-) Journalisten, die dieses Image in Frage ziehen, die durch ihre Bilder und Berichterstattung ein anderes Bild zeichnen, gleich Feinde? Muss ich sie von Schlachtfeld verbannen? In keinem Fall. Sie decken auf, was Alltag des Krieges und seine Konsequenzen sind. Nicht die Bilder töten, sondern die Waffen und der Alltag des Krieges. Die Informationen  der Journalisten sind wichtig, damit sich die Menschen ein Bild machen und eine Meinung bilden können. Bilder als Waffen zu bezeichnen, dient ausschließlich den Interessen der militärischen und den sie mandatierenden Akteure und sollte weder in den journalistischen noch in den alltäglichen Sprachgebrauch übergehen.

Donnerstag, 27. September 2012

SZ-Bildredaktion greift in die Klischee-Kiste


Ganz unten auf der Agenda scheint das Thema Friedensprozess in Nahost nicht nur bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York zu stehen, sondern auch bei der Bildredaktion der Süddeutschen Zeitung. Im folgenden ein Kommentar zur Bebilderung eines Artikels, der am 27. September 2012 in der Rubrik Politik auf Seite 8 der SZ erschienen ist. In veränderter Form ist der Kommentar als Leserbrief auch der SZ zugegangen.

Welchen Zusammenhang es zwischen dem gut geschriebenen und informativen Artikel von Peter Münch über die Bedeutung(slosigkeit) des Friedensprozesses zwischen Israelis und Palästinensern bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York und der Bebilderung des Artikels gibt, bleibt auch nach intensiver Lektüre des Artikels sowie ausgiebiger Bildbetrachtung schleierhaft. Es ist zu hoffen dass nicht Herr Münch als Nahostkorrespondent dies selbst zu verantworten hat. Aber es ist auch kein Aushängeschild für die Qualität der Arbeit der SZ-Bildredaktion.

Aber schauen wir uns zunächst an, was die SZ veröffentlichte. Unter dem Titel „Ganz unten auf der Agenda“ nimmt der Artikel inklusive eines Bildes über vier Spalten gehend fast die gesamte unter Hälfte der Zeitungsseite ein. Thema des Artikels ist die UN Generalversammlung in New York und der Stellenwert, den dort das Thema Israel-Palästina spielt. Im Artikel wird hauptsächlich auf den stockenden  Friedensprozess, die Bemühungen der Palästinenser ihr Anliegen in die UN und deren Unterorganisationen zu tragen und das Rede-Duell zwischen Abbas und Netanyahu Bezug genommen. Die Situation in der Region wird nur am Rande thematisiert. Das zum Artikel gehörige Bild ist ein in die Länge gezogenes Querformat, über drei Spalten gehend. In der linken Bildecke ist ein Mensch angeschnitten, dahinter sind perspektivisch gestaffelt drei weitere vermummte Männer zu sehen, die sich in unterschiedliche Richtung bewegen. Die Sicht ist insgesamt etwas diffus, vermutlich aufgrund von Rauchschwaden vor Ort. Sonnenlicht fällt von der linken Hälfte ins Bild ein und zeichnete klare Schatten der Personen. In der Bildunterschrift steht „Vom Ziel eines eigenen Staates weit entfernt: Palästinenser werfen Steine auf israelische Sicherheitskräfte“. Als Quelle ist die Agentur AP angegeben, ohne eine Nennung des Fotografennamens.

Das beschriebene Bild ist als ein typisches Klischeebild aus dem visuellen Repertoire des Nahostkonflikts zu charakterisieren: Steine werfende junge Palästinenser, vermummt und völlig Kontextlos dem Artikel zugeordnet. Zumindest ist aus der Bildunterschrift nicht zu entnehmen, ob der Protest sich wenigstens auf das im Artikel erwähnte Event der UN Generalversammlung bezieht, oder sich gegen den stockenden Friedensprozess richtet. Mit größter Wahrscheinlichkeit nicht, denn ansonsten wäre das Bild sicherlich in dieser Hinsicht kontextualisiert worden. Was bleibt ist ein schales Bild, das die Palästinenser völlig ungerechtfertigter Weise als gewalttätige Protestler zeigt. Nicht dass diese Proteste nicht tatsächlich stattfinden würden. Aber meist haben diese einen spezifischen Anlass, zu dem sie stattfinden und sind einem Ort zuordenbar. Repräsentativ für den Umgang der Palästinenser mit dem Konflikt sind sie jedoch nicht. Noch weniger sagen sie repräsentativ etwas darüber aus wie die palästinensische Gesellschaft mit dem Stocken des Friedensprozesses umgeht. Das macht die Veröffentlichung des Bildes im schlechtesten Fall tendenziös, im besten Fall einfach unbedacht. Für qualitativen Bild-Journalismus, dem sich die Süddeutsche Zeitung als Qualitätszeitung verpflichtet fühlen sollte, spricht es jedoch nicht.

Leider ebenfalls zur Praxis der SZ gehört es, wie in diesem Fall, bei Bildern in der Regel nur den Namen der Agentur, nicht jedoch den des Fotografen, zu veröffentlichen. Damit fällt eine weitere Möglichkeit der Kontextualisierung weg. Theoretisch wird damit auch gegen das Urheberrecht verstoßen, in dem eine Namensnennung vorgesehen ist. Der Deutsche Journalistenverband hat wiederholt auf diesen Missstand hingewiesen. Laut der jährlichen Auszählung „Fotografen haben einen Namen“ werden in der SZ nur in 39 der Fälle der Namen des Fotografen bei der Veröffentlichung des Bildes genannt.

Wie unterschiedlich Print- und Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung mit der Bebilderung des Artikels umgegangen sind, ist an diesem Beispiel ebenfalls sehr gut zu sehen. Der Online-Artikel ist vom Text her identisch, wird jedoch von einem anderen Bild verziert. Zu sehen ist ein Mann der auf den obersten Sprossen einer Leiter steht, die an eine Mauer gelehnt ist. Er kann gerade darüber schauen und schwenkt dabei eine palästinensische Fahne. Die Bildunterzeile lautet „ Ein Demonstrant schwenkt die palästinensische Flagge über der umstrittenen Mauer, die Israel vom Westjordanland trennt. Erst wenn die Gewalt wieder offen ausbricht, wird der Nahost-Konflikt erneut Top-Thema bei den Vereinten Nationen“. Als Quelle ist die Agentur Reuters angegeben. Zumindest ansatzweise ist das Bild hier geografisch zugeordnet. Darüber hinaus ist zu erahnen was der Grund für die Bebilderung sein könnte: erst wenn wieder Gewalt von Demonstranten in Palästina ausgeht – für die der – gewaltlos – Fahne schwenkende als Symbol steht – wird das Thema auch in New York wieder auf der Tagesordnung stehen. Aber letztlich stellt sich auch in diesem Fall die Frage, warum ein Demonstrant als Symbol für die stockenden Verhandlungen und das nicht thematisieren in New York herhalten muss. Immerhin mit einem weniger klischeehaften Bild als in der Printausgabe der SZ.

Zu wünschen wäre, dass die SZ mehr Sorgfalt bei der Bebilderung von Artikeln zum Nahostkonflikt walten lassen würde. Wichtig dafür ist, dass es in der Bildredaktion ein Bewusstsein über visuelle Klischees, die Geschichte der Bildberichterstattung über den Nahostkonflikt, sowie Kontextwissen zum Thema gibt. Nur so lassen sich Fehler wie in diesem Fall vermeiden.


P.S.S: Aus Gründen des Urheberrechts konnte der Print-Artikel hier leider nicht zugänglich gemacht werden.

Donnerstag, 20. September 2012

Fotografie und Konflikt im Museum


Nach den Bilderschauen in deutschen Fotografie- und Kunstinstitutionen zum Thema Bilderkriege und Nine Eleven im Jahr 2011, wie z.B. bei C/O Berlin oder den Kunst-Werken, ist das Thema Fotografie und Konflikt auch in diesem Jahr wieder präsent. Im Frühsommer fand in Frankfurt die große Foto- und Videoschau „Making History“ statt, die sich unter anderem in den Räumen des MMK der Frage nach der Macht der Bilder in der Auseinandersetzung mit Geschichte widmete. Im Haus der Kunst in München ging Mitte September die Ausstellung Bild-Gegen-Bild zu Ende, die sich mit der Darstellung gewalttätiger Konflikte in den Medien befasste. Ein Blick über den Ozean zeigt, dass das Thema auch in den USA von großem Interesse ist. Im Museum of Fine Arts in Houston wird im November die Ausstellung „WAR/PHOTOGRAPHY: Images of Armed Conflict and Its Aftermath“ eröffnet. Zu allen Ausstellungen sind umfangreiche Kataloge erschienen, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema auch über die Ausstellungen hinaus ermöglichen. Zu inhaltlichen Fragen bezüglich des Themas Fotografie und Konflikt sei an dieser Stelle auf andere Beiträge in diesem Blog verwiesen.

Hier die Links zu den Ausstellungen:



Donnerstag, 5. Juli 2012

Auf der Suche nach der Wahrheit?

Am Freitag den 6. Juli um 20 Uhr werde ich im Allerweltshaus in Köln einen Vortrag über die Rolle von Fotografie und Bildkritik im Nahostkonflikt halten.



Der Israelisch-Palästinensische Konflikt ist einer der am längsten schwelenden Konflikte des 20. und 21. Jahrhunderts und als solcher zentraler Gegenstand massenmedialer Berichterstattung. Dabei spielen Fotografien als Ikonen der Zeitgeschichte eine zentrale Rolle in seiner Darstellung. Immer öfter hat es den Anschein, als habe sich die tatsächliche Austragung des Konflikts von den Geschehnissen von Ort in die Medien verlagert. So ist es für den normalen Medienkonsumenten oft schwer, die Medienrealität von der sozialen Realität zu unterscheiden.

Die Konfliktparteien sowie deren tatsächliche oder vermeintliche Unterstützer tun ihr Bestes, das jeweils relevante Narrativ in den Medien und der Öffentlichkeit mit allen Kräften zu unterstützen. Während staatliche Organe vor allem auf das Instrument der PR zur Unterstützung Ihrer Anliegen zurückgreifen, bedienen sich Lobbygruppen der Medienkritik um das Fehlverhalten der „Anderen" zu entlarven. Immer wieder sind dabei vermeintliche oder tatsächlich gefälschte Bilder in Umlauf, an denen sich heftige Lagerkämpfe entzünden.

Das Ziel dieses Vortrags ist es, die Funktion von Fotografien in der Darstellung des Konflikts kritisch zu reflektieren. Dies geschieht anhand von Fotobeispielen sowie einer Erläuterung der Funktionsweise des journalistischen Systems, das für die Berichterstattung über den Konflikt verantwortlich ist. Daneben soll die Funktion der Medienkritik, als immer öfter ideologisch motiviertem Instrument, erläutert werden. Damit wird zum einen die Bildung kritischer Medien- und Bildkompetenz angeregt und zum anderen eine sachliche und lösungsorientierte Diskussion des Nahostkonflikts angeregt.

Link zum Allerweltshaus Köln

Dienstag, 26. Juni 2012

Shooting Robert King




Am Dienstag den 19. Juni hatte der us-amerikanische Dokumentarfilm „Shooting Robert King“ auf dem Browse Fotofestival in Berlin Deutschlandpremiere. Der schon aus dem Jahr 2008 stammende Film erzählt die Geschichte des amerikanischen Kriegsfotografen Robert King. Produziert und gefilmt wurde die Geschichte von seinem langjährigen Weggefährten Kings, dem Filmemacher Richard Parry.

Der Film ist interessant, weil er den Weg Robert Kings in das Geschäft der Kriegsfotografie vom ersten Einsatz auf dem Balkan an über 15 Jahre lang begleitet. Insofern ist es der erste Dokumentarfilm dieser Art über Fotojournalisten der es erlaubt, Entwicklungen und Veränderungen über einen langen Zeitraum zu beobachten. Ein anderer Ansatz also, als der wohl bekannteste Film über Kriegsfotografen „War Photographer“, der James Nachtwey bei der Arbeit porträtiert.

Der Film wirft jedoch einige Fragen auf. Zum einen sind da die Bilder aus dem Wald von Tennesse, der Heimat Kings. Als filmische Klammer eingesetzt, gibt es immer wieder Gespräche mit King in einem Zelt auf der Jagd, beim Pirschen in Camouflage, mit dem Gewehr im Anschlag durch den Wald streifend. Auch wenn King die Bedeutung des Waldes selbst auflöst, in dem er beschreibt, dass dies der Ort ist, um nach einem Einsatz wieder runterzukommen, so sind die Parallelen zwischen den Soldaten und Kämpfern in Kriegsgebieten der Welt und dem jagenden King im Wald so offensichtlich, dass man sich fragt, ob hier bewusst gezeigt werden soll, dass es sich um ein und das selbe handelt: Jagen als Freizeitvergnügen nach Wild in den  USA, oder die Menschenjagd im Krieg. Eine Auflösung dazu bietet der Film leider nicht.

Es gibt weitere verstörende Szenen im Film, die zum einen King in einem seltsamen Licht dastehen und zum anderen die Intention des Filmemachers als fragwürdig erscheinen lassen. So sieht man King, wie er lachend durch die kriegsverwüstete tschetschenische Hauptstadt Grozny zieht und Böller in Häuserwände steckt. Eine seltsame Art von Humor. Oder wie er als Message an das amerikanische Volk, eine junge Frau zwei Handvoll Bananen Essen lässt bis sie kotzt. Eine Filmsequenz, unterlegt mit Techno-Rhythmen schneidet Bilder Kings zusammen und spannt den Bogen von Parties feiernden Russen im Alkoholexzess zu Leichen in Kriegsgebieten. Wo hier neben dem Voyeurismus die inhaltliche Klammer sein soll, bleibt fragwürdig.

So hinterlässt der Film den Betrachter mit einem ambivalenten Gefühl. Auch wenn der Film einen interessanten Einblick in die Praxis der Kriegsfotografie darstellt und den Betrachter nicht mit krassen Bildern verschont, so bleibt die Frage ob der Film der Zunft nicht einen Bären-Dienst erweist. Der Protagonist erscheint weniger als ein professioneller, seiner Rolle und Verantwortung bewusster Dokumentar des Zeitgeschehens, als ein abenteuerlustiger Draufgänger der im Krieg das sucht, was er im amerikanischen Westen nicht findet. Dies mag für die Motivation und den Zugang Kings zur Kriegsfotografie zutreffend sein, aber repräsentativ für die Arbeit seiner Kollegen und Kolleginnen ist dies sicherlich nicht.


Montag, 25. Juni 2012

The Browse Foto-Festival – Eine vertane Chance


Wer hoch hinaus will, wird tief fallen. Dies zeigte sich dieser Tage am 2. Berliner „The Browse Foto-Festival“. In einer überdimensionierten Zeltstadt, die eher an eine Public-Relation Messe erinnerte, fristeten die Foto-Ausstellungen ein eher tristes Dasein an Bauzäunen, präsentiert hinter schwarzem Passepartout. Ob es die hohen Eintrittspreise waren, oder die große Konkurrenz im Berliner Kunst- und Mediendschungel, die Ausstellungen und Diskussionen waren eher schlecht besucht. Als Professional Week mit internationalem Charakter angekündigt, war die zentrale Ausstellungswoche wohl genau dies nicht. Obwohl neben den Hauptsponsoren wie Hahnemühle auch kleine Initiativen aus dem bildjournalistischen Bereich wie Emerge oder die Gesellschaft für Hunanistische Fotografie die Möglichkeit bekamen, sich zu präsentieren, blieb das Publikum, das hier ein Forum hätte finden können, aus.

Dabei war bezogen auf die fotografische Qualität unter den gezeigten Arbeiten durchaus einiges Sehenswertes. Aktuelle Arbeiten über Syrien von Timo Vogt gehörten dazu, ebenso wie ein zeithistorischer Überblick über das Schaffen von Günther Zint. Das zentrale Manko der Ausstellung war jedoch das fast völlige Fehlen von Bildunterschriften. Nur Benjamin Hiller ergriff die Initiative und versah seine sehenswerte Arbeit über Kurdistan selbst mit Texten. Auf Anfrage teilten die Veranstalter mit, die Zeit hätte nicht gereicht, die Ausstellungen mit Bildunterschriften zu versehen. Es ist sicherlich nicht übertrieben zu kritisieren, dass hier der Schwerpunkt falsch gesetzt ist, wenn es den Eindruck hat, dass anstatt der Foto-Geschichten das Präsentationsumfeld wichtiger erscheint. Auch die Einleitungstexte halfen über dieses Manko nicht hinweg. Leider war auch bei der Auswahl der gezeigten Arbeiten keine Linie zu erkennen und so war es zum Teil ein seltsamer Mix aus hervorragender Dokumentarfotografie und an schlechte Stockfotografie erinnernder Bilderserien. Schade für das vertane Potential.

Teil der Professional Week war auch ein Vortragsprogramm, dessen Angebot von technischen Themen wie Bildbearbeitung bis hin zu inhaltlichen Fragestellungen wie der aktuellen politischen Lage in Syrien reichte. Interessant war z.B. das Panel „Image, Impact, Action“, wo über das Verhältnis von NGO`s  und Fotojournalismus diskutiert wurde. Dabei wurde deutlich, wie eng Fotojournalisten, Agenturen wie NOOR und NGO`s heute kooperieren. Neben der Möglichkeit für Fotojournalisten, über NGO’s einen Zugang zu Kriegs- und Konfliktregionen zu bekommen, sind NGO`s heute auch zahlungskräftige Auftraggeber um Bilder für ihre Public Relation Arbeit zu bekommen. Das Potential das in einer weiteren spannenden Veranstaltung, unter dem Titel “Syria on edge – personal insights into a bloody conflict?”, steckte, wurde leider durch die auf Selbstvermarktung fokussierte Moderation Jasna Zajcek ungenutzt gelassen. So konnten weder die beiden Fotojournalisten Benjamin Hiller und Timo Vogt ihre fotografischen Ansätze zur Dokumentation kriegerischer Konflikte beschreiben, noch hatte der aus dem libanesischen Exil angereiste syrische Aktivist die Möglichkeit, dem Publik seine Sicht auf den Konflikt zu schildern.

 

Wenn das „The Browse Foto-Festival“ sich in Deutschland als Forum dokumentarischer Fotografie etablieren möchte, so bleibt bis zur nächsten Edition des Festivals im kommenden Jahr noch einiges zu tun. Aber vielleicht ging es auch weniger um den Inhalt, als um den Versuch, mit dem Festival das “Kunst- und Kreativquartier Südliche Friedrichstadt” zu promoten. Die Konkurrenz der fotojournalistischen Festivals, wie das Lumix Festival für Jungen Fotojournalismus in Hannover, schläft jedenfalls nicht und war trotz der weniger zentralen Lage in diesem Jahr wieder der größere Publikumsmagnet.

Dienstag, 19. Juni 2012

Follow me on Twitter

Seit letzter Woche bin ich auch mit einem Twitter-Account vertreten.

https://twitter.com/fkoltermann

Auch dort werden regelmäßig interessante Links und Informationen gepostet, unter anderem zum Thema Fotografie und Konflikt. Neue Follower sind herzlich willkommen :)

Montag, 18. Juni 2012

Fotojournalistische Bilderflut: Ein Eindruck vom Lumix Festival in Hannover


Gestern ging in Hannover das 3. Lumix Festival für jungen Fotojournalismus zu Ende. Die 60 Ausstellungen und 22 Multimediapräsentationen waren eine fotojournalistische Bilderflut, die zu rezipieren kaum in einem Tag zu meistern war. Dabei waren die gezeigten Themen am nahe Puls der Zeit und die Bandbreite reichte vom arabischen Frühling bis hin zur Occupy-Bewegung in den USA. Es war jedoch auch ein recht düsterer Blick auf unsere Zeit, mit vielen Arbeiten die menschlich Grenzsituationen aus Kriegen und Konflikten in den Vordergrund stellten. Auffallend wie beim letzten Festival war die demokratische Präsentationsweise, ein zentrales Konzept des Festivals. Alle Serien wurden in einfachen Holzrahmen mit Passepartout gezeigt, in der Regel in der gleichen Größe und im Querformat. Nur einige wenige Arbeiten wichen durch durchgehende Hochformate oder Quadrate hiervon ab. Während durch die insgesamt neun Ausstellungsorte schon eine gewisse Entzerrung erreicht wurde, so gab es doch auch Orte wie der Skywalk, der ein kuratorisches Grauen war. In einem langen verglasten Gang hing hier Arbeit neben Arbeit an einem Bauzaun.

Interessant war, dass in diesem Jahr eher die leisen Arbeiten überzeugten, seien es Geschichten aus der deutschen Provinz oder die dokumentarische Reisefotografie über Korea. So zeigten Arbeiten wie die von Jonas Ludwig Walter über den Abriss der Atomkraftwerksruine in Stendal oder von Marcus Reichmann über den Alltag einer Familie, die in Mecklenburg-Vorpommern aufs Land gezogen ist, wie sich interessante Geschichten auch direkt vor der Haustür finden lassen, ohne dass eine Reise in die Kriegs- und Krisengebiete dieser Welt vonnöten wäre. Eine sensible Arbeit über ein Thema, welches immer mehr auch die Schlagzeilen der Nachrichten bestimmt, war die Serie von Dominic Bracco II über die von der Gewalt des Drogenkriegs heimgesuchte Stadt Ciudad Juarez an der Nordgrenze Mexikos. Auffallend in vielen Arbeiten war die düstere Stimmung, die durch den Einsatz von Schwarz/Weiß oder reduzierte Farbigkeit sowie erhöhte Kontraste und Vignettierung erzeugt wurde. So hatte es den Eindruck als müsse die an sie schon triste Realität durch die Bildbearbeitung noch bewusst gesteigert werden. Vom thematischen Ansatz her interessant, die Verbindung zwischen Landproblemen und Armut in Äthiopien und dem agro-industriellen Anbau von Nutzpflanzen für den europäischen Markt herzustellen, wies die Arbeit von Jan Lieske visuell und erzähltechnisch leider noch einige Lücken auf.

Der Gewinner des diesjährigen FREELENS Award ist der amerikanische Fotojournalist  Peter von Agtmael. Die von ihm gezeigte Serie heißt „Disco Night Sept. 11“ und zeigt neben Kriegsbildern aus dem Irak und Afghanistan Bilder aus dem Alltag und der Wahlkampfzeit in den USA. Das innovativste an seiner Arbeit scheint aber nur der Titel zu sein. Ausgezeichnet wurde er unter anderem für den schmalen Grad „zwischen seiner naiven Faszination, die er als Kind für den Krieg empfand, und der Brutalität, die er später als Kriegsfotograf im Irak und Afghanistan erlebte“, wie es auf der Festivalhomepage heißt. Wo sich dies in den Bildern wiederspiegeln soll, ist allerdings fragwürdig. Denn der persönliche Zugang – die naive Faszination von Krieg – wie es auch der vom Fotografen verfasste Ausstellungstext hervorhob, ist visuell nicht wirklich präsent. Die Arbeit erscheint vielmehr in einer Reihe mit zahlreichen anderen Arbeiten der letzten Jahre zu stehen, die US-Soldaten im Krieg zeigen. Und das diese das primäre Ziel der Arbeit sind – und damit den typischen Blick des Westlers auf den Krieg darstellen – zeigt beispielsweise das Bild eines afghanischen Jungen, in deren Bildunterschrift statt auf seine afghanische Geschichte Bezug zu nehmen, auf die 100 Soldaten die an seinem Wohnort ums Leben kamen hingewiesen wird. Somit eine vertane Chance sowohl etwas über Krieg aus Sicht der einheimischen und zentral betroffenen Bevölkerung zu erzählen als auch die persönlichen Erfahrungen und Dilemmata des Fotografen im Krieg in den Vordergrund zu stellen.

Alles in allem war das Festival in Hannover auch in diesem Jahr wieder ein lohnendes Ziel, auch wenn wirklich starke Arbeiten fehlten. Der umfangreiche Katalog bietet in jedem Fall auch über das Festival hinaus eine gute Möglichkeit, sich einen Überblick über das Schaffen junger Fotojournalisten weltweit zu verschaffen. Somit hat diesbezüglich das Festival ein Ziel erreicht, dieser Szene eine Plattform zu geben.